Heidenacht

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Heidenacht

Wenn trüb das verlöschende letzte Rot
Herschimmert über die Heide,
Wenn sie liegt so still, so schwarz und tot,
so weit du nur schauest, die Heide,
Wenn der Mond steigt auf und mit bleichem Schein,
Erhellt den granitnen Hünenstein,
Und der Nachtwind seufzet und flüstert darein
Auf der Heide, der stillen Heide. –

Das ist die Zeit, dann mußt du gehn
Ganz einsam über die Heide,
Mußt achten still auf des Nachtwinds Wehn
Und des Mondes Licht auf der Heide:
Was nie du vernahmst durch Menschenmund,
Uraltes Geheimnis, es wird dir kund,
Es durchschauert dich tief in der Seele Grund
Auf der Heide, der stillen Heide.



Hermann Ludwig Allmers, 1821 - 1902




Photo copyright: Isabella Kramer


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Nachtlied aus der Ferne

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Nachtlied aus der Ferne

Ach, ich denk, ich hab dich lieb, denke dich mit Bauch und Armen,
denk mir Bilder aus dem Kopf, denk mit Mund und Magen.

Ach, ich denk mich hin zu dir, denk mit Fuß und Waden,
denk mir Zeichen aus dem Zeh, denk beim Fingerschlagen.

Ach, ich denk, du hättst mich lieb. Ach, hier ists so leer.
Ach, ich wünsch dir guten Schlaf. Ach, und so viel mehr.





Mit freundlicher Genehmigung von copyright (c) 18.11.2018, bernd pol
es war eines seiner letzten Gedichte, denn dieser wunderbare Dichter und sehr geschätzte Freund ist uns am 12.Januar 2019 vorausgegangen. In unseren Herzen und in seinen großartigen Versen wird er immer bei uns sein.





Photo copyright: Isabella Kramer

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Weihnachtsgebäck

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Weihnachtsgebäck



Weinbeer, Mandeln, Sultaninen,
süße Feigen und Rosinen,
welsche Nüsse - fein geschnitten,
Zitronat auch - muß ich bitten! -

Birnenschnitze doch zumeist
und dazu den Kirschengeist;
wohl geknetet mit der Hand
alles tüchtig durcheinander
und darüber Teig gewoben -
wirklich, das muß ich mir loben!

Solch ein Brot kann's nur im Leben
jedesmal zur Weihnacht geben!
Eier, Zucker und viel Butter
schaumig rührt die liebe Mutter;
kommt am Schluß das Mehl daran,
fangen wir zu helfen an.

In den Teig so glatt und fein
stechen unsre Formen ein:
Herzen, Vögel, Kleeblatt, Kreise -
braune Plätzchen, gelbe, weiße
sieht man bald - welch ein Vergnügen -
auf dem Blech im Ofen liegen.
Knusprig kommen sie heraus,
duften durch das ganze Haus.

Solchen Duft kann's nur im Leben
jedesmal zur Weihnacht geben!





Isabella Braun, 1815-1886


Photo copyright: Isabella Kramer


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Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt

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Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt

Die Nacht wächst wie eine schwarze Stadt,
wo nach stummen Gesetzen
sich die Gassen mit Gassen vernetzen
und sich Plätze fügen zu Plätzen,
und die bald an die tausend Türme hat.

Aber die Häuser der schwarzen Stadt, –
du weißt nicht, wer darin siedelt.

In ihrer Gärten schweigendem Glanz
reihen sich reigende Träume zum Tanz, –
und du weißt nicht, wer ihnen fiedelt...



Rainer Maria Rilke, 1875 - 1926






Photo copyright: Isabella Kramer
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