Leanders Fest

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Heut, an Leanders Feste,
War alles, traun! aufs beste!
Denkt, fette Gänse drei;
Beliebte Hasen, zwei;
Ein Dutzend stumme Fische;
Und gar ein wildes Schwein.
"Das alles gab er?" Nein!
Die saßen nur bei Tische.


Karl Friedrich Kretschmann, 1738 - 1809








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Auf einem Berg aus Zuckerkant...

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Auf einem Berg aus Zuckerkant


Auf einem Berg aus Zuckerkant, 
unter einem blühenden Machandelbaum*, 
blinkt mein Pfefferkuchenhäuschen.
Seine Fensterchen sind aus Goldpapier, 
aus seinem Schornstein raucht Watte.
Im grünen Himmel, über mir,
rauscht die Weihnachtstanne.

In meinem See aus Staniol 
spiegeln sich alle ihre Engel,
 alle ihre Lichter!
Die kleinen Kinder stehn rum 
und staunen mich an.
Ich bin der Zwerg Turlitipu.
Mein dicker Bauch ist aus Traganth*, 
meine Beinchen Streichhölzer, 
meine listigen Äugelchen 
Korinthen.



Arno Holz, 1863-1929




*Machandelbaum - altes Wort für Wacholderbaum
*Traganth - ist eine sehr alte Masse aus Mehl, Wasser und Gummi, mit der in früheren Zeiten Christbaumschmuck hergestellt wurde.



Gemälde copyright: Isabella Kramer

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Dezember

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Dezember

Der schönste Monat doch im Jahr
Bleibt der Dezember, das ist klar.
Was gibt es, das uns mehr erfreut,
als die geliebte Weihnachtszeit?

Die Klingel tönt: es glänzt der Baum,
die Kinder stehen wie im Traum . . .
O schöne Nacht, o sel`ge Nacht,
die uns den heiligen Christ gebracht!




Georg Bötticher, 1849-1918






Photo copyright: Isabella Kramer




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Immer ein Lichtlein mehr

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Immer ein Lichtlein mehr


Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!



Matthias Claudius, 1740 - 1815



Foto copyright: Isabella Kramer


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Knecht Ruprecht

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Knecht Ruprecht

Ruprecht:

Habt guten Abend, alt und jung,
Bin allen wohl bekannt genug.

Von drauß' vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor;
Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:

"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Und morgen flieg ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!
So geh denn rasch von Haus zu Haus,
Such mir die guten Kinder aus,
Damit ich ihrer mag gedenken,
Mit schönen Sachen sie mag beschenken."

Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat."
- "Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier:
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Fressen fromme Kinder gern."
- "Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten."
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!"

Von drauß' vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hierinnen find!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?

Vater:

Die Kinder sind wohl alle gut,
Haben nur mitunter was trotzigen Mut.

Ruprecht:

Ei, ei, für trotz'gen Kindermut
Ist meine lange Rute gut!
Heißt es bei euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?

Vater:

Wie einer sündigt, so wird er gestraft;
Die Kinder sind schon alle brav.

Ruprecht:

Stecken sie die Nas' auch tüchtig ins Buch,
Lesen und schreiben und rechnen genug?

Vater:

Sie lernen mit ihrer kleinen Kraft,
Wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.

Ruprecht:

Beten sie denn nach altem Brauch
Im Bett ihr Abendsprüchlein auch?

Vater:

Neulich hört ich im Kämmerlein
Eine kleine Stimme sprechen allein;
Und als ich an die Tür getreten,
Für alle Lieben hört ich sie beten.

Ruprecht:

So nehmet denn Christkindleins Gruß,
Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß;
Probiert einmal von seinen Gaben,
Morgen sollt ihr was Besseres haben.
Dann kommt mit seinem Kerzenschein
Christkindlein selber zu euch herein.
Heut hält es noch am Himmel Wacht;
Nun schlafet sanft, habt gute Nacht.


Theodor Storm, 1817 - 1888





Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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