Vergänglichkeit

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Vergänglichkeit

Nun spinnen sich die Tage ein,
Nicht einer will mehr freundlich sein,
Sie müssen sich alle besinnen
Auf eine Hand voll Sonnenschein
Und gehen dürftig von hinnen,
Wie Wasser im Sande verrinnen.

Die Menschen wandern hinterdrein,
Still einzeln, oder still zu zwein,
Und sehen die Blätter verfliegen
In alle vier Wände hinein.
Sie möchten im Sonnenschein liegen
Und müssen sich fröstelnd schmiegen.

So war es tausend Jahr und mehr,
Mit Blindheit kommt der Herbst daher.
Gern will ihn keiner sehen,
Er macht ja alle Wege leer.
Er muß zur Seite gehen
Und muß um Mitleid flehen.

Und so geht's tausend Jahre fort.
Vergänglichkeit, Du müdes Wort,
Du lösest ab die Tage,
Du duldest weder Zeit noch Ort,
Machst Wirklichkeit zur Sage,
Den Liebesrausch zur Klage.


Max Dauthendey, 1867 - 1918


Photo copyright: Isabella Kramer

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