Föhn

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Föhn

Laß deinen Atem wehen,
Frühling, du Held!
Mag auch zugrunde gehen,
Was morsch auf der Welt!

Die Erde will keinen Freier,
Der lahm und lack,
Solch eine Hochzeitsfeier
Feiert im Frack.

Nein! einen wilden tollen
Nackten Geselln,
und in die Küsse sollen
Todschreie gelln!

Wogen sollen brüllen
Gepeitscht an den Strand,
Brechende Wälder füllen
Mit Stöhnen das Land,

Lawinen sollen dröhnen
Ins zitternde Tal,
Um das Brautbett tönen
Soll Sturmchoral!

So empfangen und zeugen
Riesen ihr Kind. –
– Uns ziemt es zu schweigen,
Zwerge, die wir sind …


A. de Nora, 1864 - 1936




Foto von Alessio Soggetti auf Unsplash


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Was der Frühling alles tun muss!

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Erst die Sonne höher heben,
dann die Gräser grün anstreichen,
allen, die auf Erden leben,
brüderlich die Hände reichen,

Schlangen häuten, Schatten schwärzen,
Felder kämmen, auch die Wiesen,
sorgen, dass Kastanienkerzen
brennen, Weidenruten schießen,

für die Vögel Noten schreiben
und die Rosenblätter zählen,
mit den Kindern Unfug treiben,
Wäldern neue Farben wählen,

Käfern ihre Panzer putzen,
Zäunen guten Morgen sagen,
Tau als Schmuck für Gras benutzen,
Licht in Mauselöcher tragen,

weil die Bienen gern was hätten,
Honig in die Blüten stecken,
alle Katzenfelle glätten -
und die Kinder morgens wecken!

Ja der Frühling hat zu tun,
und was machen wir denn nun?


 
 
Frantisek Halas, 1901 - 1949

 

 

 


Gemälde copyright: Isabella Kramer 

 

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Wenn's Frühling wird

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Wenns Frühling wird

Die ersten Keime sind, die zarten,
im goldnen Schimmer aufgesprossen;
schon sind die ersten der Karossen
im Baumgarten.

Die Wandervögel wieder scharten
zusamm sich an der alten Stelle,
und bald stimmt ein auch die Kapelle
im Baumgarten.

Der Lenzwind plauscht in neuen Arten
die alten, wundersamen Märchen,
und draußen träumt das erste Pärchen
im Baumgarten.





Rainer Maria Rilke, aus Larenopfer 1895 









Photo copyright: Isabella Kramer



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Das Wunderschloss

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Das Wunderschloss


Ich wünsch mir was!

Was ist denn das?

Das ist ein Schloss aus Marzipan -

mit Türmen aus Rosinen dran

und Mandeln an den Ecken.

Ganz zuckersüß und braun gebrannt

und jede Wand aus Zuckerkand -

da kann man tüchtig schlecken!

Und Diener laufen hin und her

mit Saft und Marmelade

und drinnen in dem Schlosse drin,

sitzt meine Frau, die Königin -

die ist aus Schokolade.




Adolf Holst, 1867 - 1945





Foto von Leonis Caeli auf Unsplash

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Bienchen sum herum













Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!
ei! wir thun dir nichts zu Leide,
flieg’ nun aus in Wald und Heide!
Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!

Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!
such’ in Blumen, such’ in Blümchen
dir ein Tröpfchen, dir ein Krümchen!
Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!

Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!
kehre heim mit reicher Habe,
bau’ uns manche volle Wabe!
Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!

Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!
bei den heilig Christ-Geschenken
wollen wir auch dein gedenken –
Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!

Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!
wenn wir mit dem Wachsstock suchen
Pfeffernüss’ und Honigkuchen.
Summ summ summ!
Bienchen summ’ herum!



August Heinrich Hoffmann von Fallersleben





Photo copyright: Isabella Kramer



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