Der kleine Sünder

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 Der kleine Sünder


Gestern lief der Peter weg,
spinnefix, verstohlen.
Setzt sich Mutter den Bänderhut auf:
Wart, ich will dich holen!
Sausepeter,
Flausepeter,
kleiner Sünder, wo bist du?

Hahnematz steht auf der Wiese;
Kiek ins Grüne! kräht er.
Sag mir, bunter Kikeriki,
wo ist unser Peter?
Bummelpeter,
Schummelpeter,
kleiner Sünder, wo bist du?

Wie sie in den Garten kommt,
ist er nicht zu sehen;
bleibt sie neben dem Spargelbeet
unterm Pflaumenbaum stehen.
Aber Peter,
nirgends steht er;
kleiner Sünder, wo bist du?

Hört sie etwas lachen, horch,
oben aus dem Baume;
sitzt der Peter seelenvergnügt,
pflückt sich eine Pflaume.
Wirft ein Steinchen,
schwenkt die Beinchen,
wuppdich - Mutter, da bin ich.


Paula Dehmel

 

 

Foto von Ben White auf Unsplash 



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Das lüsterne Wildschwein

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Das lüsterne Wildschwein.

Zu seinem Sohn im Walde spricht
Der Holzknecht: "Hansel, fürcht' dich nicht!
 
Ich muß zur Arbeit, du bleibst hier,
Und siedest die Kartoffeln mir."

Der Hans läßt sich's nicht zweimal sagen,
Beginnet Holz herbeizutragen,

Und denkt: "Wie ich schon oft getan,
Ich schüre jetzt ein Feuer an!"

Doch plötzlich – horch nur! Was ist das?
Im nahen Busche raschelt was.

Ein Wildschwein ist’s, hier ist es schon –
Der Hansel lauft voll Schreck' davon.

Indessen Hans zum Vater lauft,
Das Wildschwein ganz behaglich sauft,
 
Bis es dem Ding kommt auf die Spur,
Daß es gemeines Wasser nur.
 
Und als der Hans gekommen kaum
Auf seinem Weg zum nächsten Baum,
 
Hat, was dem Wildschwein besser schmeckt,
Es die Kartoffeln schon entdeckt.

Wie nun der Hans verschwunden ist,
Das Wildschwein immer tiefer frißt

Sich in den hohen Topf hinein,
Gefräßig ist ja jedes Schwein.

Doch allzulüstern tut nicht gut!
Das Wildschwein hat bald einen Hut,

Denn fest steckt im Kartoffeltopf
Auf einmal jetzt sein dicker Kopf.

Und wie der Holzknecht mit Geschrei
Vom Hans geholt nun kommt herbei,

Enteilt das Wildschwein mit Gebrumm,
Und wirft dabei den Kessel um.

Heim trägt der Holzknecht froh das Schwein,
Der Hans den Kessel hinterdrein.
 
Und von dem Ganzen die Moral:
"Zu lüstern schadet jedesmal!"


Franz Bonn, 1830 - 1894




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Foto von Max Saeling auf Unsplash 
 
 
 
 
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Maikäfer summ summ summ (Knabe und Maikäfer)

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Maikäfer, summ, summ, summ,

Nun sag mir an: warum?
Du fliegst am Fenster hin und her,
Und willst mein Laub und Haus nicht mehr!
Was schwirrst du so? was schnurrst du so?
Warum bist du nicht mehr so froh?

„Lieb Kindlein, still, still. Still!
Hör, was ich sagen will.
Wie sollt´ ich denn wohl fröhlich sein
In deinem dunkeln Haus allein,
So fern von frischer Himmelsluft,
Von lichtem Grün und Laubesduft?“

Maikäfer, summ, summ, summ,
Nun sag mir an: warum?
Hab´ ich doch Fenster dir gemacht,
Und frisches Laub dir stets gebracht,
Dein Haus in Sonnenschein gestellt,
Und dich geführt in Wald und Feld!

„Lieb Kindlein, still, still, still!
Hör, was ich sagen will.
Wenn ich´s mit dir auch so gemacht,
Du würdest weinen Tag und Nacht,
Und wär´ ich noch so gut dabei,
Du sprächst doch allzeit: laß mich frei!“



Hoffmann von Fallersleben, 1798 - 1848 





 
Gemälde copyright: Isabella Kramer



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Bei Goldhähnchens

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 Bei Goldhähnchens

Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast!
Sie wohnen im grünen Fichtenpalast
In einem Nestchen klein,
Sehr niedlich und sehr fein.

Was hat es gegeben? Schmetterlingsei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
Und Käferbraten famos —
Zwei Millimeter groß.

Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,
So zierlich klang's wie gesponnenes Glas;
Dann wurden die Kinder beseh'n:
Sehr niedlich alle zehn!

Dann sagt' ich: „Adieu!“ und: „Danke sehr! “
Sie sprachen: „Bitte, wir hatten die Ehr'
Und hat uns mächtig gefreut '.“
Es sind doch reizende Leut'!


Heinrich Seidel, 1842 - 1906

 

 

Foto von Vincent van Zalinge auf Unsplash  

 

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Wunschhut

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Wunschhut 

ich wünsche mir
einen üppigen Hut
darauf soll ein prachtvoller
Garten erblühen

mit Blumen in allen
Nuancen der Welt
auch Vögelchen, die
vor Fröhlichkeit sprühen

sie sollen ruhig nisten
mir wär‘ das nur recht
ihr Zwitschern vertreibt
die düsteren Töne

aus Stroh sollt' er sein
fein geflochten und hell
ein Gespinst für das
Lichte und Schöne

die Krempe ganz breit
und mit Bändern aus Samt
ich will ihn ja fest
an mich binden

denn unter dem Hut
das weiß ich genau
wird Trübsal mich
niemals mehr finden




veredit©isabella.kramer2010




Gemälde copyright: Isabella Kramer 



Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 

Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de






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