Wer hört ein Stäubchen lachen

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Wer hört ein Stäubchen lachen


Stäubchen stob durch die Stube.

Dort saß ein kleiner Bube

(Der Stäubchen wie ein Riese erschien)

Vor einem Stadtplan von Berlin.


Stäubchen lachte: "Berlin ist klein!"

Drang in Bübchens Nase hinein

Und ließ sich von dem Riesen

Wieder ins Weltall niesen.




Joachim Ringelnatz





Bild von dre2uomaha0 auf Pixabay

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Die Heide

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Die Heide 

Es zeigt so gar die dürre Heide,
Zu unsrer nicht geringen Freude,
Wenn man sie recht genau betracht,
Des großen Schöpfers Wunder-Macht.

Wenn wir die obenhin besehn,
So scheint sie traurig, schwarz, verdorrt und schlecht:
Allein betrachtet man sie recht;
So ist auch sie nicht minder schön,
Und sieht man wunderbar in ihr
Der Farben Pracht, der Bildung Zier
Fast unverbesserlich verbunden.

Ich habe dieses wahr befunden.
Denn als ich jüngst mich etwas zu vertreten,
Mich auf das Feld begab; befand ich alsobald,
Daß in des Heide-Krauts so zierlicher Gestalt,
Nicht weniger als sonst, der Schöpfer anzubeten.

Ich setzte mich, und rupfte manchen Strauß,
Sie besser zu besehen, aus.
Mein Gott! wie viel, wie mancherlei
Veränderung, Schmuck und Zierlichkeiten
Fand ich in diesem Kraut, das doch von weiten
Nicht anders lässt, als obs nur braun gefärbet sei.
Ich ward zugleich, wie schön, wie wunderbar.
Wie mannigfaltig die Bildung sei, gewahr.

Die größten Bäume trifft man hier
In solcher Schön- und netten Kleinheit an,
Daß man der Stämme Zweig' und Blätter holde Zier
Nicht genug besehn, nicht gnug bewundern kann.
Ich fand dass ob sie gleich sehr klein,
Die Stämme wahres Holz, wie große Stämme, sein.
Es hat die Festigkeit, es brennet, eine Rinde
Umgibt sie, ja ich finde
Dieselbe recht mit Moos, gleich den bejahrten Eichen,
Umgeben und geziert. Die Blümchen, die so schön,
Auf jedem kleinem Zweig', als Apfel-Blüte, stehn,
Sieht man der Bienen Heer die süße Nahrung reichen.

Betrachte denn forthin, geliebter Mensch, die Heide
Nicht sonder Gottes Lob, nicht sonder Freude!

Barthold Heinrich Brockes, 1680 - 1747





Photo copyright: Isabella Kramer


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Ich will!

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Ich will!


Ich will! Das Wort ist mächtig


Spricht´s einer ernst und still


Die Sterne reißt vom Himmel


Das eine Wort: Ich will!



Friedrich Halm, eigentlich Eligius Franz Joseph Freiherr von Münch-Bellinghausen, 1806 - 1871




Foto von Armand Khoury auf Unsplash

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Regenwetter

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Regenwetter

Was ist das für ein Wetter heut!
Es regnet ja wie toll!
Die Straße ist ein großer See,
Die Gosse übervoll.

Der Sperling duckt sich unters Dach,
So gut er eben kann,
Und Nero liegt im Hundehaus
Und knurrt das Wetter an.

Wir aber haben frohen Mut
Und sehn dem Regen zu,
Erzählen uns gar mancherlei
Daheim in guter Ruh.

Lass regnen, was es regnen will!
Lass allem seinen Lauf!
Und wenn's genug geregnet hat,
So hört's auch wieder auf.



Friedrich Halm, eigentlich Eligius Franz Joseph Freiherr von Münch-Bellinghausen, 1806 - 1871



Gemälde copyright: Isabella Kramer 

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Himmelsballspiel

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Himmelsballspiel

Dort steigt der Tag herauf, der strahlend junge;
er wiegt die Sonne lässig in der Hand
und wirft sie dann mit weitgeholtem Schwunge
hinein ins morgendämmerfrische Land. 

Es schwingt der goldene Ball in heitrem Fluge
sich durch des Himmels blaugewölbten Raum,
bis drüben, hinter jenem Hügelzuge, 
er müde fällt in einen hohen Baum.

Da hängt er stille, und aus Wolkenwänden
tritt dann die Nacht; sie reckt sich groß und greift
hinauf mit dunkelsammetweichen Händen,
dass sie den Ball gelind vom Aste streift. 



Karl Bröger, 1886 - 1944




Photo copyright: Isabella Kramer

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