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vom schlafenden Apfel

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Im Baum, im grünen Bettchen,
Hoch oben sich ein Apfel wiegt,
Der hat so rote Bäckchen,
Man sieht, daß er im Schlafe liegt.

Ein Kind steht unterm Baume,
Das schaut und schaut und ruft hinauf:
"Ach, Apfel, komm herunter!
Hör endlich doch mit Schlafen auf!"

Es hat ihn so gebeten,-
Glaubt ihr, er wäre aufgewacht?
Er rührt sich nicht im Bette,
Sieht aus, als ob im Schlaf er lacht.

Da kommt die liebe Sonne
Am Himmel hoch daherspaziert.
"Ach Sonne, liebe Sonne,
Mach du, daß sich der Apfel rührt!"

Die Sonne spricht: "Warum nicht?"
Und wirft ihm Strahlen ins Gesicht,
Küßt ihn dazu so freundlich;
Der Apfel aber rührt sich nicht.

Nun schau! Da kommt ein Vogel
Und setzt sich auf den Baum hinauf.
"Ei, Vogel, du mußt singen,
Gewiß, gewiß, das weckt ihn auf!"

Der Vogel wetzt den Schnabel
Und singt ein Lied so wundernett.
Und singt aus voller Kehle;
Der Apfel rührt sich nicht im Bett.

Und wer kam nun gegangen?
Es war der Wind, den kenn ich schon,
Der küßt nicht und der singt nicht,
Der pfeift aus einem andern Ton.

Er stemmt in beide Seiten
Die Arme, bläst die Backen auf
Und bläst und bläst; und richtig,
Der Apfel wacht erschrocken auf.

Und springt vom Baum herunter
Grad in die Schürze von dem Kind;
Das hebt ihn auf und freut sich
Und ruft: "Ich danke schön, Herr Wind!"





Robert Reinick 
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Herbst im Fluss

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Herbst am Fluss

Der Strom trug das ins Wasser gestreute
Laub der Bäume fort.
Ich dachte an alte Leute,
Die auswandern ohne ein Klagewort.


Die Blätter treiben und trudeln,
Gewendet von Winden und Strudeln
Gezügig, und sinken dann still.
Wie jeder, der Großes erlebte,
Als er an Größerem bebte,


Schließlich tief ausruhen will.






Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934




Foto copyright: Isabella Kramer



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Die Schaukel

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Die Schaukel



Auf meiner Schaukel in die Höh,
was kann es Schöneres geben!
So hoch, so weit: die ganze Chaussee
und alle Häuser schweben.

Weit über die Gärten hoch, juchhee,
ich lasse mich fliegen, fliegen;
und alles sieht man, Wald und See,
ganz anders stehn und liegen.

Hoch in die Höh! Wo ist mein Zeh?
Im Himmel! ich glaube, ich falle!
Das tut so tief, so süß dann weh,
und die Bäume verbeugen sich alle.

Und immer wieder in die Höh,
und der Himmel kommt immer näher;
und immer süßer tut es weh -
der Himmel wird immer höher.



 Richard Dehmel, 1863-1920







Photo copyright: Isabella Kramer

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Das grüne Tier

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Das grüne Tier

Die Thadener zu Hanerau sind ausgewitzte Leute:
Wär noch kein Pulver in der Welt, erfänden sie es heute!
Allein, allein
So wird es immer sein:
Was man zum erstenmal ersicht,
Kennt selber auch der Klügste nicht!
Und – wie einmal die Thadner mähn,
Sie einen grünen Frosch ersehn,
So grüne, so grüne!

So grüne war der liebe Frosch und blähte mit dem Kropfe,
Den Thadnern fiel vor Schreck dabei die Mütze von dem Kopfe.
Mit Beinen vier
Ein grünes, grünes Tier!
Das war für sie zu wunderlich,
Zu neu und zu absunderlich!
Da mußte gleich der Schultheiß her,
Sollt sagen, welch ein Tier das wär,
Das grüne, das grüne!

Das grüne Tier der Schultheiß sah, als einen Hupf es machte –
Die Thadner wollten schon davon, da sprach der Alte: sachte!
Lauft nicht davon,
Es sitzt und ruhet schon.
Seid still! und ich erklär es bald:
Das Tier kommt aus dem grünen Wald,
Der grüne Wald ist selber grün,
Davon ist auch das Tier so grün,
So grüne, so grüne!

So grüne; denn es lebt darin von eitel grünem Laube,
Und – wenn es nicht ein Hirschbock ist, – ists eine Turteltaube!
Da hub der Hauf
Den Schulz mit Schultern auf,
Sie riefen: das ist unser Mann,
Der jeglich Ding erklären kann,
Er kennt und nennt es keck und kühn,
Kein Kreatur ist ihm zu grün,
Zu grüne, zu grüne!



August Kopisch, 1799 - 1853



Photo copyright: 
Isabella Kramer


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