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Rote Pantoffeln

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Rote Pantoffeln

Gar böse Katze, so alt und grau,
Sie sagte, sie sei eine Schusterfrau;
Auch stand vor ihrem Fenster ein Lädchen,
Worin Pantoffeln für junge Mädchen,
Pantöffelchen von Maroquin,
Von Saffian und von Satin,
Von Samt, mit goldnen Borden garniert
Und buntgeblümten Bändern verziert.
Am lieblichsten dort zu schauen war
Ein scharlachrotes Pantöffelchenpaar;
Es hat mit seiner Farbenpracht
Gar manchem Dirnchen ins Herz gelacht.

Eine junge weiße Edelmaus,
Die ging vorbei dem Schusterhaus,
Kehrt' wieder um, dann blieb sie stehn,
Tät nochmals durch das Fenster sehn –
Sprach endlich: "Ich grüß Euch, Frau Kitze, Frau Katze,
Gar schöne rote Pantöffelchen hat Sie;
Sind sie nicht teuer, ich kauf sie Euch ab,
Sagt mir, wieviel ich zu zahlen hab."

Die Katze rief: "Mein Jüngferlein,
Ich bitte gehorsamst, treten Sie ein,
Geruhen Sie, mein Haus zu beehren
Mit Dero Gegenwart; es verkehren
Mit mir die allerschönsten Madel
Und Herzoginnen, der höchste Adel –
Die Töffelchen will ich wohlfeil lassen –
Doch laßt uns sehn, ob sie Euch passen –
Ach, treten Sie ein und nehmen Sie Platz –"

So flötet die boshaft listige Katz',
Und das weiße, unerfahrene Ding
In die Mördergrub', in die Falle ging –
Auf eine Bank setzt sich die Maus
Und streckt ihr kleines Beinchen aus,
Um anzuprobieren die roten Schuhe –
Sie war ein Bild von Unschuld und Ruhe –
Da packt sie plötzlich die böse Katze
Und würgt sie mit der grimmigen Tatze,
Und beißt ihr ab das arme Köpfchen,
Und spricht: "Mein liebes, weißes Geschöpfchen,
Mein Mäuschen, du bist mausetot!
Jedoch die Pantöffelchen scharlachrot,
Die will ich stellen auf deine Gruft;
Und wenn die Weltposaune ruft
Zum Jüngsten Tanz, o weiße Maus,
Aus deinem Grab steigst du heraus,
Ganz wie die andern, und sodann
Ziehst du die roten Pantöffelchen an."


Moral

Ihr weißen Mäuschen, nehmt euch in acht,
Laßt euch nicht ködern von weltlicher Pracht!
Ich rat euch, lieber barfuß zu laufen,
Als bei der Katze Pantoffeln zu kaufen.



Heinrich Heine, 1797 - 1856




Photo copyright: Isabella Kramer

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Die Nacht

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Die Nacht

Es fließt im dunklen Norden
Durch ragende Wälder ein Strom,
Auf seinen felsigen Borden
Steht einsam ein grauer Dom.
Die Lüfte des Friedhofs beben,
Die Seelen entpilgern dem Grab
Und streben zum Dom und schweben
Hier dämmernd auf und ab.
Und lispelnde Nymphen erheben
Sich über die spielende Flut
Und ordnen ein liebliches Leben
Mit leichtbeflügeltem Mut.
Und seinen Gesang läßt rauschen
Ein Barde vom Felsenhang,
Und Nymphen und Geister lauschen
Des Herzens bestürmendem Klang!



Johann Fercher von Steinwand, 1828 - 1902







Photo: Nick Smith - unsplash 



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Frühling

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Frühling

Nun ist er endlich kommen doch
In grünem Knospenschuh;
»Er kam, er kam ja immer noch«,
Die Bäume nicken sich's zu.

Sie konnten ihn all erwarten kaum,
Nun treiben sie Schuß auf Schuß;
Im Garten der alte Apfelbaum,
Er sträubt sich, aber er muß.

Wohl zögert auch das alte Herz
Und atmet noch nicht frei,
Es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
Und März ist noch nicht Mai.«

O schüttle ab den schweren Traum
Und die lange Winterruh:
Es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.




Theodor Fontane, 1819 - 1898




Photo copyright: Isabella Kramer
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Klein Maryke

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Klein Maryke


Klein Maryke ist einmal
übers Land gegangen.
Hat ein goldner Sonnenstrahl
sich im Haar verfangen.
Klein Maryke hielt ihn fest,
daß er nimmer von ihr läßt.
Und die Leute kamen her
und die wunderten sich sehr,
sprachen her und sprachen hin:
Guck, die kleine Königin!
Klein Maryke hat gelacht
und hat nichts dazu gesagt.
Klein Maryke ging vorbei,
hat’s gewußt, was besser sei:
auf der Au zur Königswahl
Kronen zu erlangen
oder einen Sonnenstrahl
sich ins Haar zu fangen.



Manfred Kyber, 1880 - 1933








Gemälde copyright: 
Isabella Kramer 


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Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de
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Kinder, lasst uns Eier schmücken

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Kinder, lasst uns Eier schmücken...

Kinder, lasst uns Eier schmücken,
rot oder gelb, grün oder blau
einerlei, es wird entzücken
ein jeder komm' er her und schau.

Linien ziehn wir zart und fein,
da sitzt der Osterhase auf der Wiese,
und das sollen seine Kinder sein,
keine Eier sind so bunt wie diese!

Und eh der Tag noch wird sich neigen
haben wir sie hübsch gereiht,
und schon hängen sie an den Zweigen,
was ihr doch für Künstler seid!


unbekannter Verfasser




Photo copyright: Isabella Kramer

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