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Leise Lieder

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Leise Lieder 
 
Leise Lieder singe ich dir bei Nacht,
Lieder, die kein sterblich Ohr vernimmt,
noch ein Stern, der etwa spähend wacht,
noch der Mond, der still im Äther schwimmt;

denen niemand als das eigne Herz,
das sie träumt, in tiefer Wehmut lauscht;
und an denen niemand als der Schmerz,
der sie zeugt, sich kummervoll berauscht.

Leise Lieder singe ich dir bei Nacht,
dir, in dessen Aug mein Sinn versank,
und aus dessen tiefem, dunklen Schacht,
meine Seele ewige Sehnsucht trank.




Christian Morgenstern, 1871 - 1914
 
 
 
 
 


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Schneeflocken

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Schneeflocken

Wende ich den Kopf nach oben:
Wie die weissen Flocken fliegen,
Fühle ich mich selbst gehoben
Und im Wirbel tanze wiegen.

Dicht und dichter das Gewimmel;
Eine Flocke bin auch ich. -
Wieviel Flocken braucht der Himmel,
Eh die Erde langsam sich
Weiss umhüllt.




Klabund, 1890-1928
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Der Schneemann

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Der Schneemann

Seht, da steht er, unser Schneemann!
Das ist ein Geselle!
Stehet fest und unverzagt,
Weicht nicht von der Stelle.

Schaut ihm in die schwarzen Augen!
Wird euch denn nicht bange?
In der linken Hand da hat er
Eine lange Stange.

Einen großen Säbel hält er
Fest in seiner Rechten.
Kommt heran! er wird sich wehren,
Wird mit Allen fechten.

Über ihn kann nur der Frühling
Einen Sieg gewinnen:
Blickt ihn der nur an von ferne,
Wird er gleich zerrinnen.

Aber halt dich tapfer, Schneemann!
Lass dir offenbaren:
Stehst du morgen noch, so wollen
Wir dich Schlitten fahren.


August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874





Gemälde copyright: Isabella Kramer 

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Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de


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Vom unordentlichen Max

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Vom unordentlichen Max

Max war sehr unordentlich.
Seine Sachen legt er sich
Nie zurecht, nie abends nett
Seine Kleider vor das Bett.

Nichts, nichts lag an seinem Ort,
Ausgestreut lag′s hier und dort.
Hier der eine Strumpf, bei Seite
Auf der Erde lag der zweite.

Hinter′m Ofen lag ein Schuh,
Seine Höschen auch dazu,
Und der and′re Schuh, er stand
Wo der Rock lag, an der Wand.

Aber seht nur, Kinder, seht,
Wie es ihm des Morgens geht!
Vater nimmt die Kleider bunt,
Zieht sie an dem großen Hund!

Zieht ihm an den Rock so warm,
Und die Hos′, und untern Arm
Steckt er ihm die Mappe. Ah!
Max steht noch im Hemde da!

Und was will der Vater nun,
Was der kleine Max soll tun?
In die Schule muß der Max
Gehen mit dem Hunde stracks.

Seht nur den Max liederlich
In dem Hemd! Wie schämt er sich!
Doch der Hund geht stolz einher,
Als ob er ein Schüler wär′!




Adolf Glaßbrenner





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Das Schneegestöber

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Das Schneegestöber

Wie die kleinen Flöckchen
Bei des Windes Weh'n
Hell im weißen Röckchen
Durcheinander dreh'n!

Wechseltänze schlingen
Sie auf luft'gem Plan;
In verworr'nen Ringen
Krümmt sich ihre Bahn.

Hast vergeb'nes Mühen,
Rasches Flöckchen dort;
Spottend dein im Fliehen
Schwebt das Liebchen fort.

Andre, die ersiegen
Sich die holde Braut,
Aneinander schmiegen
Sie sich sanft und traut.

Aber alle kommen
Endlich hin zur Ruh',
Wann die Sonn' erglommen,
Deckt ein Grab sie zu.

Wahres Bild des Lebens!
Der erringt sich Lust,
Jener hascht vergebens
Bis ihm brach die Brust.

Doch in einen Hafen
Laufen alle ein,
In der Erde schlafen
Sie im engen Schrein.



Adolf Bube, 1802 - 1873





Photo copyright: Isabella Kramer


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