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Ruhetag

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Ruhetag

Wohin ich trete, dürres Laub, 
Des Herbstes hingeworfner Raub – 
Nicht nahm er's mit, ihm ward's zu viel: 
Nun treibt damit der Wind sein Spiel.
Doch bald hat's auch vor Diesem Ruh', 
Es kommt der Schnee und deckt es zu:
Wer nur das End' erwarten mag, 
Der findet seinen Ruhetag.



Charles Edouard Duboc, 1822 - 1910 






Photo copyright: 
Isabella Kramer



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Der Reiter und der Bodensee

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Der Reiter und der Bodensee


Der Reiter reitet durch’s helle Tal,
Auf’s Schneefeld schimmert der Sonne Strahl.

Er treibet im Schweiß durch den kalten Schnee, –
Will heut noch erreichen den Bodensee;

Noch heut mit dem Pferd’ in den sichern Kahn
Will drüben noch landen vor Nacht er an.

Auf schlimmem Weg, über Dorn und Stein,
Er braust auf rüstigem Roß feldein.

Aus den Bergen heraus, in’s ebene Land,
Weit sieht er sich dehnen das Schneegewand.

Weit hinter ihm schwindet so Dorf wie Stadt,
Der Weg wird eben, die Bahn wird glatt.

In weiter Fläche kein Bühl, kein Haus,
Die Bäume gingen, die Felsen aus;

So flieget er hin eine Meil’ und zwei,
Er hört in den Lüften der Schneegans Schrei;

Es flattert das Wasserhuhn empor,
Nicht andere Laute vernimmt sein Ohr;

Keinen Wandersmann sein Auge schaut,
Der ihm den rechten Pfad vertraut.

Fort geht’s wie auf Samt, auf dem weichen Schnee;
Wann rauscht denn das Wasser? wann glänzt der See?

Da bricht der Abend, der frühe herein,
Von Lichtern blinket ein ferner Schein.

Es hebt aus dem Nebel sich Baum an Baum,
Und Hügel schließen den weiten Raum.

Er spürt auf dem Boden Stein und Dorn,
Dem Rosse giebt er den scharfen Sporn.

Die Hunde bellen empor am Pferd,
Und es winkt im Dorf ihm der warme Herd.

„Willkommen am Fenster, Mägdelein,
An den See, an den See, – wie weit mag’s sein?“

Die Maid, sie staunet den Reiter an:
„Der See liegt hinter dir und der Kahn.

Und deckt ihn die Rinde von Eis nicht zu,
Ich spräch’, aus dem Nachen stiegest du.“

Der Fremde schaudert, er atmet schwer:
„Dort hinten die Eb’ne, die ritt ich her!“

Da recket die Magd die Arm in die Höh’:
„Herr Gott! so rittest du über den See!“

„An den Schlund, an die Tiefe bodenlos
Hat gepocht des rasenden Hufes Stoß!“

„Und unter dir zürnten die Wasser nicht?
Nicht krachte hinunter die Rinde dicht?“

„Du wardst nicht die Speise der stummen Brut?
Der hungrigen Hecht’ in der kalten Flut?“ –

Sie rufet das Dorf herbei zu der Mähr,
Es stellen die Knaben sich um ihn her;

Die Mütter, die Greise, sie sammeln sich:
„Glückseliger Mann, ja, segne du dich!“

„Herein zum Ofen, zum dampfenden Tisch,
Brich mit uns das Brot und iss vom Fisch!“

Der Reiter erstarret auf seinem Pferd,
Er hat nur das erste Wort gehört.

Es stocket sein Herz, es sträubt sich sein Haar,
Dicht hinter ihm grinset noch die Gefahr.

Es sieht sein Blick nur den grässlichen Schlund,
Im Geist versinkt er im schwarzen Grund.

Im Ohr ihm donnerts, wie krachend Eis,
Wie die Well’ umrieselt ihn kalter Schweiß.

Da seufzt er, da sinkt er vom Roß herab,
Da ward ihm am Ufer ein – trocken Grab.


Gustav Schwab, 1792 - 1850




Foto von Nick Iliasov auf Unsplash


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Zigeunerlied

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Zigeunerlied

Im Nebelgeriesel, im tiefen Schnee,
Im wilden Wald, in der Winternacht,
Ich hörte der Wölfe Hungergeheul,
Ich hörte der Eulen Geschrei.
Wille wau wau wau!
Wille wo wo wo!
Wito hu!

Ich schoß einmal eine Katz am Zaun,
Der Anne, der Hex, ihre schwarze liebe Katz.
Da kamen des Nachts sieben Werwölf zu mir,
Waren sieben sieben Weiber vom Dorf.
Wille wau wau wau!
Wille wo wo wo!
Wito hu!

Ich kannte sie all, ich kannte sie wohl,
Die Anne, die Ursel, die Käth,
Die Liese, die Barbe, die Ev, die Beth,
Sie heulten im Kreise mich an.
Wille wau wau wau!
Wille wo wo wo!
Wito hu!

Da nannt ich sie alle bei Namen laut:
Was willst du, Anne? Was willst du, Beth?
Da rüttelten sie sich, da schüttelten sie sich,
Und liefen und heulten davon.
Wille wau wau wau!
Wille wo wo wo!
Wito hu!




Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832



Foto von freestocks auf Unsplash



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Der brave Karo

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Der brave Karo

Die Mutter ging, das Kind schläft gut;
Es bleibt zurück in Karo's Hut.

Doch bald – wer hätte das gedacht! –
Das Kindlein in der Wieg' erwacht.

Schon schreit das kleine Ännchen laut,
Der Karo sehr bekümmert schaut.

Der kluge Hund ans Fenster springt:
"Kommt niemand, der mir Hilfe bringt?"

Umsonst, es kommt kein Mensch heran!
Laut fängt der Hund zu bellen an.

Das Kindlein immer lauter schreit,
Nun ist Bewegung an der Zeit.

Der Karo schaukelt hin und her,
Die Wiege schwingt sich immer mehr.

Erschrocken schaut jetzt Karo stumm;
Es scheint, als schlüg' die Wiege um.

Da richtig liegt die Kleine schon
Heraußen! Seht, das kommt davon!

Es setzt sich Ännchen auf und weint;
Die Tränen leckt ihm ab der Freund.

Und wie gerade steht das Kind,
Der Karo gleich sein Spiel beginnt.

Vom Fenster jetzt zu seinem Glück
Zieht Karo Ännchen rasch zurück.

Und weil’s darob verdrießlich ist,
Sorgt Karo, daß es dies vergißt.

Er bringt ihm, zu des Kind's Behagen,
Das kleine Püppchen und den Wagen.
 
Nun zieht – für einen Hund nicht dumm –
Er das Gespann im Kreis herum,

Bis Ännchen jetzt zu Boden fällt,
Was ihm die Freude sehr vergällt.

Aufs neu' das Weinen nun beginnt:
"Beruhige dich, du liebes Kind!"

Nun denken Kind und Karo bang:
"Wo bleibt die Mutter denn so lang?"

Als sie die Mutter endlich seh'n,
Da heißt es schnell zu Bette geh'n.
 
Die Mutter kommt – ihr Aug' und Ohr
Das findet alles wie zuvor.



Franz Bonn, 1830 - 1894 

 

 


Gemälde copyright: 
Isabella Kramer

 

 

 

Der Bratapfel

 

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Der Bratapfel


Kinder kommt und ratet,

was im Ofen bratet.

Hört wie’s knallt und zischt,

bald wird er aufgetischt,

der Zipfl, der Zapfl,

der Kipfl, der Kapfl,

der gelbrote Apfel.

Kinder lauft schneller,

holt einen Teller,

holt eine Gabel,

sperrt auf den Schnabel,

für den Zipfl, den Zapfl,

den Kipfl, den Kapfl,

den goldbraunen Apfel.




Volksgut


Gemälde copyright: Isabella Kramer 

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Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de



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Des Königs Gunst

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Palemon, der besitzt des Königs Gunst und Ohr.

Ich folgt' ihm durch den Saal bis an des Palasts Tor.

Ich hust', er sieht sich um, ich neige mich, er lacht.

"Ich habe gestern noch", sagt er, "an ihn gedacht."

Ich glaub' es ohne sein Vermessen

Und find' es in der Tat,

Daß er sich meiner hatt'

Erinnert, um mich zu vergessen.


Christian Wernicke, 1661 - 1725







Photo copyright: 
Isabella Kramer

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