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Der Wundermann
In Völksen wohnt ein Wundermann,
Der jede Krankheit heilen kann:
Zahnweh und Friesel und den Mumps,
Die Schwindsucht und den Fuß des Klumps.
Er hat nicht Medizin studiert,
Hat nicht zum Doktor promoviert,
Mit einer Flasche Fliedertee
Kuriert er jedes Ach und Weh.
Kolik und Infaulentia,
Die Wassersucht, das Podagra,
Für Gallenstein, für Hüfteweh,
Für alles hilft der Fliedertee.
Das heißt, dem Wundermann hilft er,
bisher war seine Börse leer,
Jetzt ist stets voll sein Portemonnaie,
So sehr hilft dieser Fliedertee.
Für kalten Brand und dickes Blut
Ist Fliedertee vorzüglich gut,
Für Krätze, Krebs und auch für Gicht,
Bloß gegen Dummheit hilft er nicht.
Hermann Löns, 1866 - 1914
Photo copyright: Isabella Kramer
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Abendlied eines Bauersmannes
Abendlied eines Bauersmanns
Das schöne große Taggestirne
Vollendet seinen Lauf;
Komm, wisch den Schweiß mir von der Stirne,
Lieb Weib, und denn tisch' auf!
Kannst hier nur auf der Erde decken,
Hier unterm Apfelbaum;
Da pflegt es abends gut zu schmecken,
Und ist am besten Raum.
Und rufe flugs die kleinen Gäste,
Denn hör, mich hungerts sehr;
Bring auch den kleinsten aus dem Neste
Wenn er nicht schläft, mit her.
Dem König bringt man viel zu Tische;
Er, wie die Rede geht,
Hat alle Tage Fleisch und Fische
Und Panzen und Pastet;
Und ist ein eigner Mann erlesen,
Von andrer Arbeit frei,
Der ordert ihm sein Tafelwesen
Und präsidiert dabei.
Gott laß ihm alles wohl gedeihen!
Er hat auch viel zu tun,
Und muß sich Tag und Nacht kasteien,
Daß wir in Frieden ruhn.
Und haben wir nicht Herrenfutter;
So haben wir doch Brot,
Und schöne, frische, reine Butter,
Und Milch, was denn für Not?
Das ist genug für Bauersleute,
Wir danken Gott dafür,
Und halten offne Tafel heute
Vor allen Sternen hier.
Es präsidiert bei unserm Mahle
Der Mond, so silberrein!
Und guckt von oben in die Schale
Und tut den Segen h'nein.
Nun Kinder, esset, eßt mit Freuden,
Und Gott gesegn' es euch!
Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden,
Bin arm und bin doch reich!
Matthias Claudius, 1740 - 1815
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Mal mir eine Note ... bittet der Kl. Prinz
Mal mir eine Note
eine richtig schöne Note
eine ausgefüllte dicke fette
eine mit 1 Fähnchen,
nein, lieber mit 2 Fähnchen dran
eine, die sich festhalten kann,
die nicht umfällt,
weil sie ja so rund ist
die Halt und Geborgenheit hat,
eine, deren Klang die Herzen
aller Menschen anrührt
mal ihr einen Zaun,
worauf sie Platz nehmen kann –
und lass sie unausgefüllt,
wenn sie sich ausruhen möchte
mal ihr auch so ein Ding
auf das Schild vor dem Anfang des Zaunes
damit sie weiß, wie sie klingen soll
dann mal ihr noch Freunde,
die auch an verschiedenen Stellen
auf dem Zaun hocken
damit sie miteinander
zu einem Lied werden können
Mal mir eine Note
Eine richtig schöne Note
Eine ausgefüllte dicke fette
Eine mit 1 Fähnchen,
nein lieber mit 2 Fähnchen dran ...
"...analog zu „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint – Exupéry (vor vielen Jahren zu einem Musikprojekt entstanden)."
Photo by Dayne Topkin on Unsplash
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Waldlied
Waldlied
Arm in Arm und Kron' an Krone steht der Eichenwald verschlungen,
Heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.
Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,
Und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;
Kam es her in mächt'gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,
Hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.
Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften,
Und dazwischen knarrt' und dröhnt' es unten in den Wurzelgrüften.
Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine,
Donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!
Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;
Alles Laub war weißlich schimmernd nach Nordosten hingestrichen.
Also streicht die alte Geige Pan der Alte laut und leise,
Unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.
In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder,
In den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.
Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,
Kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.
Gottfried Keller, 1819 - 1890
Photo copyright: Isabella Kramer
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Meine Rosen
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Meine Rosen
Ja! Mein Glück – es will beglücken –,
Alles Glück will ja beglücken!
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
Müsst euch bücken und verstecken
Zwischen Fels und Dornenhecken,
Oft die Fingerchen euch lecken!
Denn mein Glück – es liebt das Necken!
Denn mein Glück – es liebt die Tücken! –
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
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