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Letztes

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Letztes

In Herzens Mitte
als einzige Bitte
verhallende Schritte

von der Katze ein Stück:
ihr Ohr löffelt Schall
ihr Fuß nimmt Lauf
ihr Blick
brennt dünn und dick
vor ihrem Antlitz kein Zurück
schön wie die Blume
doch voller Waffen
und hat im Grunde nichts mit uns zu schaffen.




Paul Klee, 1879 - 1940





Photo copyright: Isabella Kramer
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In dieser Nacht

  


 

In dieser Nacht 

 

Sahst du schon mal die Weihnachtsfrau
mit ihrem roten Mützchen?
Sie fällt schon auf,
erst rechts ihr Paar Goldflügelchen,
die blitzen besonders schön bei Kerzenlicht.

Natürlich kann sie fliegen!
Wie sollte sie wohl sonst schon auch
 ihr Werk erledigt kriegen?
Verloren wär' der Weihnachtsmann,
wenn sie nicht helfen würde.

Geschenke bringen, weltumspannend,
ist schon 'ne rechte Bürde.
Da ist es gut, wenn man zu zweit
die Arbeit kann sich teilen.

Schaust du in Richtung Nordpol
siehst du, die beiden sich beeilen,
den braven Kinder auf der Welt
Herzwünsche zu erfüllen,
geheimnisvoll und unbemerkt,
in dieser Nacht, der stillen. 

 

 

veredit©isabella.kramer21





Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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Kinder-Gedichte-Welt
Kinder-Gedicht...
Von Isabella Kramer
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Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 
Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de






Sich interessant machen - (Für einen großen Backfisch*)

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Sich interessant machen
(Für einen großen Backfisch*)

Du kannst doch schweigen? Du bist doch kein Kind
Mehr! – Die Lederbände im Bücherspind
Haben, wenn du die umgeschlagenen Deckel hältst
Hinten eine kleine Höhlung im Rücken.
Dort hinein mußt du weichen Käse drücken.
Außerdem kannst du Käsepropfen
Tief zwischen die Sofapolster stopfen.

Lasse ruhig eine Woche verstreichen.
Dann mußt du immer traurig herumschleichen.
Bis die Eltern nach der Ursache fragen.
Dann tu erst, als wolltest du ausweichen,
Und zuletzt mußt du so stammeln und sagen:
„Ich weiß nicht, – ich rieche überall Leichen –.“

Deine Eltern werden furchtbar erschrecken
Und überall rumschnüffeln nach Leichengestank,
Und dich mit Schokolade ins Bett stecken.
Und zum Arzt sage dann: „Ich bin seelenkrank.“

Nur laß dich ja nicht zum Lachen verleiten.
Deine Eltern – wie Eltern so sind –
Werden bald überall verbreiten:
Du wärst so ein merkwürdiges, interessantes Kind.



Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934




*Backfisch - früher gebräuchliches Wort für Teenager
Photo copyright: Isabella Kramer

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Vorgefühl

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Vorgefühl

Es ist ein Schnee gefallen,
hat alles Graue zugedeckt,
die Bäume nur gen Himmel nicht;
bald trinkt den Schnee das Sonnenlicht,
dann wird das alles blühen,
was in der harten Krume jetzt
kaum Wurzeln streckt.


Richard Dehmel




Photo copyright: Isabella Kramer

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Nikolaus

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Nikolaus

Nikolaus, du guter Mann,
hast einen schönen Mantel an.
Die Knöpfe sind so blank geputzt,
dein weißer Bart ist gut gestutzt,
die Stiefel sind so spiegelblank,
die Zipfelmütze fein und lang,
die Augenbrauen sind so dicht,
so lieb und gut ist dein Gesicht.
Du kamst den weiten Weg von fern,
und deine Hände geben gern.
Du weißt, wie alle Kinder sind:
Ich glaub, ich war ein braves Kind.
Sonst wärst du ja nicht hier
und kämest nicht zu mir.
Du musst dich sicher plagen,
den schweren Sack zu tragen.
Drum, lieber Nikolaus,
pack ihn doch einfach aus.




Unbekannter Autor






Photo copyright: Isabella Kramer

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An eine Orange

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An eine Orange

Herrliche Frucht,
im Haine
behutsam gereift.
Von Sonne und Südwind
tausendmal überküßt,
gerötet, gegoldet.
Duftend und schwer
ruhst du in meiner Hand.

Wieviel Sonnenküsse,
wieviel Regenschauer,
wieviel Vollmondschein,
welch ein großes warmes Land
halte ich mit Dir,
Vollkommene!
in meiner kleinen
gewölbten Hand.


Francisca Stoecklin, 1894 - 1931



Photo copyright: Isabella Kramer

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Der Sperling und das Känguru

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Der Sperling und das Känguru


In seinem Zaun das Känguru
es hockt und guckt dem Sperling zu.

Der Sperling sitzt auf dem Gebäude,
doch ohne sonderliche Freude.

Vielmehr, er fühlt, den Kopf geduckt,
wie ihn das Känguru beguckt.

Der Sperling sträubt den Federflaus,
die Sache ist auch gar zu kraus.

Ihm ist, als ob er kaum noch säße.
Wenn nun das Känguru ihn fräße?!

Doch dieses dreht nach einer Stunde
den Kopf aus irgend einem Grunde,

vielleicht auch ohne tiefern Sinn,
nach einer andern Richtung hin.



Christian Morgenstern






Känguru: Photo by Max Nüstedt on Unsplash

Sperling: Photo by Marshall Patterson on Unsplash
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Das kleine Mädchen

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Das kleine Mädchen

Es war ein armes kleines Mädchen,
Das stickte nur mit kurzen Fädchen;

Ich glaube, Lina war ihr Name.
Sie wurde eine schöne Dame,

War fleißig, brav und lernte gerne,
Da kam ein Prinz aus weiter Ferne.

Der sagte: »Liebe gute Lina,
Komm mit mir auf mein Schloß nach China.«

Dort sitzen sie nun alle beide
Auf einem Thron von gelber Seide.


Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934








Gemälde copyright: 
Isabella Kramer 


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Das Flötenlied

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Das Flötenlied 

Es ziehen Töne durch den herbstlichen Wald
und wer genau lauscht, der wird rasch erkennen, 
es muss eine Fee sein, die hier musiziert, 
bringt doch ihr Lied selbst die Wolken zum Brennen.

So voller Wehmut und Leidenschaft, 
so voller Schmerz und tiefer Freude.

Es ziehen Töne durch den herbstlichen Wald
und wer genau lauscht, der bleibt staunend stehen, 
denn Feen, die musizieren und Wolken die brennen,
bekommt man nicht alle Tage zu sehen. 



veredit©isabella.kramer22





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Kinder-Gedicht...
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Gemälde: Summer Fantasy, 1911, by Edward Robert Hughes.

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Ich fürcht' nit Gespenster

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Ich fürcht' nit Gespenster

Ich fürcht' nit Gespenster,
Keine Hexen und Feen,
Und lieb's, in ihre tiefen
Glühaugen zu seh'n.

Am Wald in dem grünen
Unheimlichen See,
Da wohnet ein Nachtweib,
Das ist weiß wie der Schnee.

Es haßt meiner Schönheit
Unschuldige Zier;
Wenn ich spät noch vorbeigeh',
So zankt es mit mir.
Jüngst, als ich im Mondschein
Am Waldwasser stand,

Fuhr sie auf ohne Schleier,
Ohne alles Gewand.
Es schwammen ihre Glieder
In der taghellen Nacht;
Der Himmel war trunken

Von der höllischen Pracht.
Aber ich hab' entblößet
Meine lebendige Brust;
Da hat sie mit Schande
Versinken gemußt!


Gottfried Keller, 1819 - 1890




Bild von pixabay 

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Abend im Frühherbst

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Abend im Frühherbst

Weit ausgegossen liegt das breite Land.
Der Himmel taucht den Scheitel noch ins Licht,
Doch seitlich hebt gelassen eine Hand
Die dunkle Maske Nacht ihm ins Gesicht.

Viel fette Lämmer weiden auf der Flur,
In Gärten steht das Kraut in seiner Fülle,
Herbstwälder ziehn als eine goldne Spur,
Am Baum die Frucht glänzt prall in ihrer Hülle.

Es ist der letzte dieser kurzen Tage:
All Ding steht reif und rund und unbewegt
Schwebend in sich gebannt wie eine Waage,
Die Tod und Leben gleichgewichtig trägt.


Maria Luise Weissmann, 1899 - 1929 






Photo copyright: 
Isabella Kramer
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Die Allee

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Die Allee

Ich liebe die graden Alleen
mit ihrer stolzen Flucht.
Ich meine sie münden zu sehen
in blauer Himmelsbucht.

Ich bin sie im Flug zu Ende
und land' in der Ewigkeit.
Wie eine leise Legende
verklingt in mir die Zeit.

Mein Flügel atmet Weiten,
die Menschenkraft nicht kennt:
Groß aus Unendlichkeiten
flammt furchtbar das Firmament.



Christian Morgenstern, 1871 - 1914





Photo copyright: Isabella Kramer


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Seepferdchen

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Seepferdchen

Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten,
Die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
Tanzten harmonisch um einand,
Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
Wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn,
Auf daß ich ihr folge, sie hasche,
Und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellte sich froh,
Schnappte nach einem Wasserfloh
Und ringelte sich
An einem Stengelchen fest und sprach so:
Ich Hebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
Du trägst ein farbloses Panzerkleid
Und hast ein bekümmertes altes Gesicht,
Als wüßtest du um kommendes Leid.
Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnaß!
Wann war wohl das?
Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen?
Es ist beinahe so, daß ich weine –
Lollo hat das vertrocknete, kleine
Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen.



Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934





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Morgenandacht

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Morgenandacht

Sehnsucht hat mich früh geweckt;
wo die alten Eichen rauschen,
hier am Waldrand hingestreckt,
will ich dich, Natur, belauschen.

Jeder Halm steht wie erwacht;
grüner scheint das Feld zu leben,
wenn im kühlen Tau der Nacht
warm die ersten Strahlen beben.

Wie die Fülle mich beengt!
so viel Großes! so viel Kleines!
wie es sich zusammendrängt
in ein übermächtig Eines!

Wie der Wind im Hafer surrt,
tief im Gras die Grillen klingen,
hoch im Holz die Taube gurrt,
wie die Blätter alle schwingen,

wie die Bienen taumelnd sammeln
und die Käfer lautlos schlüpfen -
oh Natur! was soll mein Stammeln,
seh ich all das dich verknüpfen:

wie es mir ins Innre dringt,
all das Große, all das Kleine,
wie's mit mir zusammenklingt
in das übermächtig Eine!



Richard Dehmel, 1863 - 1920



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Menschendünkel

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Menschendünkel

Der Bach zu deinen Füßen klingt,
Du aber weißt nicht, was er spricht.
Zu Häupten dir der Vogel singt,
Und was er singt, verstehst du nicht.

Die Bienen summen dir ins Ohr
Ihr ewig unenträtselt' Lied,
In hundert Zungen spricht das Moor,
Der Wald, die Heide und das Ried.

Und hundertfältig um dich her
Ist Leben, reich wie deins gewebt,
Du aber weißt davon nicht mehr
Als einer, der im Monde lebt.

Und dennoch dünkst du unerreicht
Dich über alle sie gestellt
Als einzig Weiser! Ach, vielleicht
Bist du der einz'ge Narr der Welt!



A. de Nora, 1864 - 1936, Pseudonym für Anton Alfred Noder, deutscher Arzt und Dichter




Photo copyright: Isabella Kramer


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Die Biene

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Die Biene

Als Amor in den goldnen Zeiten
Verliebt in Schläferlustbarkeiten
auf bunten Blumenfeldern lief,
Da stach den kleinsten von den Göttern
Ein Bienchen, das in Rosenblättern,
wo es sonst Honig holte, schlief.

Durch diesen Stich ward Armor klüger,
der unerschöpfliche Betrüger
Sann einer neuen Kriegslist nach:
Er lauscht in Rosen und Violen;
Und kam ein Mädchen sie zu holen,
Flog er als Bien heraus und stach.




Gotthold Ephraim Lessing, 1729 - 1781





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Abschiedsworte an Pellka

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Abschiedsworte an Pellka


Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde,
Du Ungleichrunde,
Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
Du Vielgequälte,
Du Gipfel meines Entzückens.
Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens
Mit der Gabel! - - Sei stark!
Ich will auch Butter und Salz und Quark
Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen.
Mußt nicht so ängstlich dampfen.
Ich möchte dich doch noch einmal erfreun.
Soll ich Schnittlauch über dich streun?
Oder ist dir nach Hering zumut?

Du bist ein so rührend junges Blut. –
Deshalb schmeckst du besonders gut.
Wenn das auch egoistisch klingt,
So tröste dich damit, du wundervolle
Pellka, daß du eine Edelknolle
Warst und daß dich ein Kenner verschlingt.





Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934




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Das Hirtenfeuer

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Das Hirtenfeuer

Dunkel, Dunkel im Moor,
Über der Heide Nacht,
Nur das rieselnde Rohr
Neben der Mühle wacht,
Und an des Rades Speichen
Schwellende Tropfen schleichen.

Unke kauert im Sumpf,
Igel im Grase duckt,
In dem modernden Stumpf
Schlafend die Kröte zuckt,
Und am sandigen Hange
Rollt sich fester die Schlange.

Was glimmt dort hinterm Ginster,
Und bildet lichte Scheiben?
Nun wirft es Funkenflinster,
Die löschend niederstäuben;
Nun wieder alles dunkel -
Ich hör' des Stahles Picken,
Ein Knistern, ein Gefunkel,
Und auf die Flammen zücken.

Und Hirtenbuben hocken
Im Kreis' umher, sie strecken
Die Hände, Torfes Brocken
Seh' ich die Lohe lecken;
Da bricht ein starker Knabe
Aus des Gestrüppes Windel,
Und schleifet nach im Trabe
Ein wüst Wacholderbündel.

Er läßt's am Feuer kippen -
Hei, wie die Buben johlen,
Und mit den Fingern schnippen
Die Funken-Girandolen!
Wie ihre Zipfelmützen
Am Ohre lustig flattern,
Und wie die Nadeln spritzen,
Und wie die Äste knattern!

Die Flamme sinkt, sie hocken
Aufs Neu' umher im Kreise,
Und wieder fliegen Brocken,
Und wieder schwehlt es leise;
Glührote Lichter streichen
An Haarbusch und Gesichte,
Und schier Dämonen gleichen
Die kleinen Heidewichte.

Der da, der Unbeschuhte,
Was streckt er in das Dunkel
Den Arm wie eine Rute?
Im Kreise welch Gemunkel?
Sie spähn wie junge Geier
Von ihrer Ginsterschütte:
Hah, noch ein Hirtenfeuer,
Recht an des Dammes Mitte!

Man sieht es eben steigen
Und seine Schimmer breiten,
Den wirren Funkenreigen
Übern Wacholder gleiten;
Die Buben flüstern leise,
Sie räuspern ihre Kehlen,
Und alte Heideweise
Verzittert durch die Schmehlen.

»Helo, heloe!
Heloe, loe!
Komm du auf unsre Heide,
Wo ich meine Schäflein weide,
Komm, o komm in unser Bruch,
Da gibt's der Blümelein genug, -
Helo, heloe!«

Die Knaben schweigen, lauschen nach dem Tann,
Und leise durch den Ginster zieht's heran:

»Helo, heloe!
Ich sitze auf dem Walle,
Meine Schäflein schlafen alle,
Komm, o komm in unsern Kamp,
Da wächst das Gras wie Brahm so lang! -
Helo, heloe!
Heloe, loe!«




Annette von Droste-Hülshoff, 1797 - 1848





Photo by Joris Voeten on Unsplash

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Frau und Katze

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Frau und Katze

Sie spielte mit ihrem Kätzchen.
Ganz wunderbar zu schauen,
schimmernd im Abendgrauen,
waren die Händchen und Tätzchen.

Tückisch verbarg mein Schätzchen
die Nägel, schneidende Klauen,
unter dem wollenen blauen
Fäustling und trieb seine Mätzchen.

auch die Katze gab nun die Devote
und zog in die samtene Pfote
die spitzigen Krallen ein.

Sie lacht . . . Ich seh' im Dunkeln
vier Phosphorpunkte funkeln.
Sind's Augen, sind' Teufelein?


Paul Verlaine, 1844 - 1896





Gemälde copyright: Isabella Kramer 

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Lilofee

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Lilofee

  
Es freit ein wilder Wassermann
In der Burg wohl über dem See.
Des Königs Tochter mußt er han,
Die schöne junge Lilofee.

Sie hörte drunten Glocken gehn
Im tiefen, tiefen See.
Wollt' Vater und Mutter wiedersehn,
Die schöne junge Lilofee.

Und als sie vor dem Tore stand,
Vor der Burg wohl über dem See,
Da neigt sich Laub und grünes Gras
Vor der schönen jungen Lilofee.

Und als sie aus der Kirche kam
Von der Burg wohl über dem See,
Da stand der wilde Wassermann
Vor der schönen jungen Lilofee.

"Sprich, willst du hinuntergehn mit mir
Von der Burg wohl über dem See?
Deine Kindlein unten weinen nach dir,
Du schöne junge Lilofee.

"Und eh ich die Kindlein weinen laß
Im tiefen, tiefen See,
Scheid ich von Laub und grünem Gras,
Ich arme junge Lilofee."
  


Volkslied - aus der Gegend von Joachimsthal 1813



Photo copyright: Isabella Kramer

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Zauberer Geständnis

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Zauberer Geständnis

Schreibzaubern wäre wunderbar
und wahrlich mehr als nützlich.
Man nähm' nen Stift und siehe da,
was aufgeschrieben wäre wahr
und würd' sofort erscheinen.

Mit einem Strich und Kringel gar,
könnte man sich ganz Li, ganz La
die Laune selbst aufhellen
und bräuchte man ein großes Eis
oder 'nen neuen Freundeskreis,
schrieb man es hin und welches Glück,
das so Gewünschte man erblickt.

Auch Schulprobleme kein Problem,
denn schreibgezaubert und bequem,
man ohne Lernen viel erreicht.
Vielleicht das Hirn ganz leicht aufweicht,
doch andere haben schon bewiesen,
das hindert nicht im La, im Liesen,
im Leben kommt man trotzdem weiter.

Drum munter auf!
Schreibzaubert weiter!
Ihr glaubt das könnte nicht gelingen?
Mag sein, ich schreib ja nur von Dingen,
von denen ich nicht viel verstehe.
Es ist gezaubert, ich gestehe.

 

 

 

veredit©isabella.kramer22

 


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Vetraut

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Vertraut 

Bist du manchmal auch verstimmt,
Drück dich zärtlich an mein Herze,
Daß mir's fast den Atem nimmt,
Streich und kneif in süßem Scherze,
Wie ein rechter Liebestor
Lehn ich sanft an dich die Wange
Und du singst mir fein ins Ohr.
Wohl im Hofe bei dem Klange
Katze miaut, Hund heult und bellt,
Nachbar schimpft mit wilder Miene –
Doch was kümmert uns die Welt,
Süße, traute Violine!


Joseph von Eichendorff, 1788 - 1857




Photo by MChe Lee on Unsplash


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Die Kartoffel

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Die Kartoffel

Es ist für uns Materielle
Nur eine Kartoffel die Welt,
Von der der Weise die Pelle
Fürsorglich herunter schält.

Denn eine von unsern Devisen
Ist die: Kartoffel und Welt,
Sind beide nicht zu genießen,
Wenn man sie nicht richtig quellt.

Der idealistische Stoffel,
Der alles für herrlich hält,
Verzehrt die ganze Kartoffel
Natürlich unabgepellt.

Doch liegt sie ihm dann im Magen,
So jammert er und erzählt,
Wie schwer für ihn zu ertragen
Oft diese so "rohe" Welt!

Wir aber genießen behaglich
Die Süße, die sie enthält –
Die beste Kartoffel, unfraglich,
Ist – richtig genossen – die Welt.





A. de Nora (1864 - 1936), Pseudonym für Anton Alfred Noder, deutscher Arzt und Dichter



Photo by Fernanda Martinez on Unsplash

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Eine schwarze Katze

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Eine schwarze Katze


Eine schwarze Katze kauert vor meiner Tür,
Eine kleine, schwarze, kurzgeschorene Katze;
Ich komme nach Hause, und mit einem Satze,
Wie ich aufschließe, springt sie herein zu mir.

Was will die kleine, schwarze Katze bei mir?
Wär es ein Hündchen, ich wüßte es zu verstehen;
Ein Frauenhündchen, ich weiß damit umzugehen.
Die Katze ist mir ein völlig fremdes Tier

Sie ist die Seele von meinem Spiritus
Familiaris. Er hat sich umgebrungen.
Die schwarze Katze kommt zu mir hereingesprungen,
Weil sie doch irgendwo übernachten muß.




Frank Wedekind (1864 - 1918), deutscher Journalist und Dramatiker








Katzenaquarell ©veredit_isabella.kramer www.veredit-art.blogspot.de


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Nach dem Gewitter

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Nach dem Gewitter

Der Blitz hat mich getroffen.
Mein stählerner, linker Manschettenknopf
Ist weggeschmolzen, und in meinem Kopf
Summt es, als wäre ich besoffen.

Der Doktor Berninger äußerte sich
Darüber sehr ungezogen:
Das mit dem Summen wär' typisch für mich,
Das mit dem Blitz wär' erlogen.



Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934, eigentlich Hans Bötticher, deutscher Lyriker, Erzähler und Maler

Quelle: Ringelnatz, J., Gedichte. Allerdings, 1928





Photo by Raychel Sanner on Unsplash

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Für Beerensucher

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Für Beerensucher

Gingen zwei in einen Beerenwald;
Fand der Eine süße Beeren bald;
Hat sich fleißig gebückt
Und emsig gepflückt;
That nichts als essen.

Der Andre indessen
Trug immer die Nase gen Himmel gericht',
Sah den lieben Herrgott oder macht' ein Gedicht,
Aber die süßen Beeren, die sah er nicht.

Thun mir leid alle Beide.
Ich liebe die Beeren- und Himmelsweide.
Ich hätte mir Beeren gesucht im Kraut
Und essend zum blauen Himmel geschaut.

Mir hätte keins das andre geniert,
Hätte Himmel und Beeren in eins skandiert.



Otto Julius Bierbaum, 1865 - 1910




Photo copyright: Isabella Kramer


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Das Rosen-Innere

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Das Rosen-Innere

Wo ist zu diesem Innen
ein Außen? Auf welches Weh
legt man solches Linnen ?
Welche Himmel spiegeln sich drinnen
in dem Binnensee
dieser offenen Rosen,
dieser sorglosen, sieh:
wie sie lose im Losen
liegen, als könnte nie
eine zitternde Hand sie verschütten.
Sie können sich selber kaum
halten; viele ließen
sich überfüllen und fließen
über von Innenraum
in die Tage, die immer
voller und voller sich schließen,
bis der ganze Sommer ein Zimmer
wird, ein Zimmer in einem Traum.



Rainer Maria Rilke, 2.8.1907, Paris




Photo copyright: Isabella Kramer


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Der Ruhm

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Der Ruhm

Der Ruhm wie alle Schwindelware,
Hält selten über tausend Jahre.
Zumeist vergeht schon etwas eh'r
Die Haltbarkeit und die Kulör.*

Ein Schmetterling voll Eleganz,
Genannt der Ritter Schwalbenschwanz,
Ein Exemplar von erster Güte,
Begrüßte jede Doldenblüte
Und holte hier und holte da
Sich Nektar und Ambrosia.

Mitunter macht er sich auch breit
In seiner ganzen Herrlichkeit
Und zeigt den Leuten seine Orden
Und ist mit Recht berühmt geworden.
Die jungen Mädchen fanden dies
Entzückend, goldig, reizend, süß.

Vergeblich schwenkten ihre Mützen
Die Knaben, um ihn zu besitzen.
Sogar der Spatz hat zugeschnappt
Und hätt' ihn um ein Haar gehabt.
Jetzt aber naht sich ein Student,
Der seine Winkelzüge kennt.

In einem Netz mit engen Maschen
Tät' er den Flüchtigen erhaschen,
Und da derselbe ohne Tadel,
Spießt er ihn auf die heiße Nadel.

So kam er unter Glas und Rahmen
Mit Datum, Jahreszahl und Namen
Und bleibt berühmt und unvergessen,
Bis ihn zuletzt die Motten fressen.
Man möchte weinen, wenn man sieht,
Daß dies das Ende von dem Lied.


Wilhelm Busch (1832 - 1908), deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller

Quelle: Busch, W., Gedichte. Zu guter Letzt, 1904


*Kulör - veraltetes Wort für Farbe/Färbung 



Gemälde copyright: Isabella Kramer 

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Ein Bach mit Namen Elster

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Ein Bach mit Namen Elster

Ein Bach mit Namen Elster rinnt
durch Nacht und Nebel und besinnt
inmitten dieser stillen Handlung
sich seiner einstigen Verwandlung,
die ihm vor mehr als tausend Jahren
von einem Magier widerfahren.

Und wie so Nacht und Nebel weben,
erwacht in ihm das alte Leben,
er fährt in eine in der Nähe
zufällig eingeschlafene Krähe
und fliegt, dieweil sein Bett verdorrt,
wie dermaleinst als Vogel fort.


Christian Morgenstern, 1871 - 1914




Photo copyright: Isabella Kramer



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Die Leipziger Fliege




Die Leipziger Fliege

Ob wohl die Fliegen Eier in uns legen,
Wenn sie so lange auf uns sitzen bleiben
Und wir sie, weil wir schlafen, nicht vertreiben?

Man sollte seinen Körper viel mehr pflegen,
Die Fliege, die mich darauf brachte,
Als ich in meinem Mietslogis erwachte,
War eine greisenhafte und ergraute,

Daß ich nur zaghaft mir getraute,
Sie wenigstens ein bißchen totzuschlagen.

Sie sterben im November sowieso
In Leipzig. (Später als wie anderswo.)
Wie können Sterbende doch oft noch plagen,
Das Alter stimmt nicht immer mild.

Sie sind unheimlich dann und boshaft wild.

Doch unter solcher feuchten Sumpfluft leiden
Alle. Leipzig hat seinen Hustenreiz.
Man sollte im November Leipzig meiden,
Nach Frankreich reisen oder in die Schweiz.

Die Fliege hat mir alle Lust genommen.
Ich bin nicht wach und bin auch nicht im Schlaf.
Als müßte ein Gewitter kommen.
Ob wohl ein Blitz je eine Fliege traf?



Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934





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Das Puppenhäuschen

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Das Puppenhäuschen

Sieh doch mal: ein Herrenhäuschen!
Was meinst du? Wer wohnt wohl hier?
Reiche Leute, Hund und Kinder?
Butler, Köchin - aus Papier?

Winzigklein sind Tür'n und Fenster,
Treppen Millimeter hoch,
fingernagelgroß die Pfannen
für den Zwergenküchenkoch.

Wie klein sind dann erst die Eier,
die man dort zum Backen braucht?
Und die Hühner, die sie legen -
sieht man die mit freiem Aug?

Stellst dir vor, 's wär dein Zuhause!
Selber wärst du nicht recht groß:
einen Zentimeter Zwanzig.
Nicht gerade ein Koloss.

Plötzlich - eine Hand von oben,
riesengroß, greift nach dem Dach!
Und es dröhnt wie Donnergrollen:
"Guck, das Häuschen! Niedlich! Ach!"

In dein Zimmer blickt ein Auge,
groß wie eine Straßenbahn.
Sieht sich Möbel, Türen, Wände
und auch dich genauer an.

Hoch empor wirst du gehoben.
Alles wackelt, zittert, schwankt.
Aber halt! Du selbst bist's, der sich
all das vorstellt. Gott sei Dank!


Mit freundlicher Genehmigung von: ©die amelie ´ 11 ... zu ihrer Gedichte Website




Fotos und Puppenhaus: die amelie, nach einem Bastelbogen aus dem "Illusteret Familie Journal", einer Zeitschrift mit Bastelbögen für die ganze Familie in den Jahren um 1920

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