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Der verliebte Maikäfer

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"Glühwürmchen, steck's Laternchen an!
ich will ein Ständchen bringen,
zur roten Tulpe führ' mich hin,
da wohnt meine schöne Fliege drin,
die hört so gern mich singen!"

Maikäfer spricht's, der eitle Geck;
er knüpft nach Stutzerweise
sein braunes Röckchen zierlich auf,
zieht kraus die Flügel draus herauf,
und macht sich auf die Reise.

Auf gold'nem Stühlchen saß daheim
schön' Fliege gar app'titlich,
trank ihren Tau in guter Ruh,
aß etwas Blumenstaub dazu
und war so recht gemütlich.

Da leuchtet's durch die rote Wand,
sie war gar fein gewoben;
da summt es drauß,
da wankt und schwankt das Tulpenhaus,
Maikäferchen saß oben.

Schön' Fliege denkt: „Du alter Narr,
du kommst mir recht zu passe!"
Sie fliegt zum Dach und gießet schlau
einen ganzen großen Tropfen Tau
dem Käfer auf die Nase.

Kalt Wasser, von so zarter Hand
auf heißes Blut gegossen,
das kühlt ein ewnig heftig ab,
Maikäfer stürzt im Nu herab,
als wär' er tot geschossen.

Doch kaum erholt er sich vom Schreck,
da spricht er ohn' Verdrießen:
„Das Zuckerkind! wie denkt sie mein!
wollt' mich mit süßem Trank erfreu'n,
tät nur zu viel vergießen!"

Schön' Fliege macht die Äuglein zu
und meint: der kommt nicht wieder;
da summt es drauß, da brummt es drauß,
es wankt und schwankt das Tulpenhaus,
Maikäferchen kam wieder.

Schön' Fliege denkt: „Nun warte, Wicht!
Ich will im Takt dich rütteln!"
Sie fliegt vom Wand zu Wand herum,
dass sich die ganze Tulpenblum',
als wär ein Sturm, muss schütteln.

Wer hoch in Liebesträumen schwebt,
sieht nicht auf Steg und Wegen;
die Tulpenwände waren glatt,
und eh's der Käfer merken tat,
hat unten er gelegen.

Doch kaum erholt er sich vom Schreck,
vergessen war das Leiden:
„O je! wie bin ich doch beglückt,
mein Ständchen hat sie so entzückt,
dass hoch sie sprang vor Freuden!"

Schön' Fliege, bald im Schlummer schon,
sie denkt: der kommt nicht wieder;
da summt es drauß, da brummt es drauß,
es wankt und schwankt das Tulpenhaus,
Maikäferchen kam wieder.

„Jetzt hab' ich den Gesellen satt,
soll mir nicht wieder kommen;
ist nur die Sonne erst erwacht
und hat mein Häuschen aufgemacht,
dann soll's ihm schlecht bekommen!"

Und wie die liebe Sonne
durch die ersten Fügen blinket,
da stürmt im Fluge sie hervor,
schlägt mit den Flügeln ihm um's Ohr,
dass tief ins Gras er sinket.

Doch bald erholt er sich vom Schreck:
„Nun ist mein Glück vollkommen!
Sie wollt' mich küssen offenbar,
da musste grad ich dummer Narr
ihr untern Flügel kommen!

Glühwürmchen! Glühwürmchen!
Glühwürmchen, lisch dein Lichtchen aus,
musst nicht so viel vergeuden!
wir brauchen's heute Abend doch,
da kommen wir viel früher noch!
es macht ihr tausend Freuden!





Robert Reinick,1805-1852





Photo copyright: Isabella Kramer

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