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Das Birkenbäumchen

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Ich weiß den Tag, es war wie heute,
ein erster Maitag, weich und mild,
und die erwachten Augen freute
das übersonnte Morgenbild.

Der frohe Blick lief hin und wieder,
wie sammelt er die Schätze bloß?
So pflückt ein Kind im auf und nieder
sich seine Blumen in den Schoß.

Da sah ich dicht am Wegesaume
ein Birkenbäumchen einsam stehn,
rührend im ersten Frühlingsflaume.
Konnt’ nicht daran vorübergehn.

In seinem Schatten stand ich lange,
hielt seinen schlanken Stamm umfaßt
und legte leise meine Wange
an seinen kühlen Silberbast.

Ein Wind flog her, ganz sacht, und wühlte
im zarten Laub wie Schmeichelhand.
Ein Zittern lief herab, als fühlte
das Bäumchen, daß es Liebe fand.

Und war vorher die Sehnsucht rege,
hier war sie still, in sich erfüllt;
es war, als hätte hier am Wege
sich eine Seele mir enthüllt.

 
 
 
 
Gustav Falke, 1853-1916


 Gemälde copyright: Isabella Kramer



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