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In der Winternacht

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In der Winternacht 

Es wächst viel Brot in der Winternacht, 
weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat; 
erst wenn im Lenze die Sonne lacht, 
spürst du, was Gutes der Winter tat. 

Und deucht die Welt dir öd und leer, 
und sind die Tage dir rauh und schwer: 
Sei still und habe des Wandels acht - 
es wächst viel Brot in der Winternacht.





Friedrich Wilhelm Weber, 1813 - 1894






Photo copyright: Isabella Kramer





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Vom Honigkuchenmann

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Vom Honigkuchenmann


Keine Puppe will ich haben -
Puppen gehn mich gar nichts an.
Was erfreu’n mich kann und laben
Ist ein Honigkuchenmann.
So ein Mann mit Leib und Kleid
durch und durch an Süßigkeit.

Stattlicher als eine Puppe
Sieht ein Honigkerl sich an,
Eine ganze Puppengruppe
Mich nicht so erfreuen kann.
Aber seh ich recht dich an,
Dauerst du mich, lieber Mann.

Denn du bist zum Tod erkoren -
Bin ich dir auch noch so gut,
Ob du hast ein Bein verloren.
Ob das andre weh dir tut:
Armer Honigkuchenmann,
Hilft dir nicht, du mußt doch ran.



August Heinrich Hoffmann von Fallersleben






Photo copyright: Isabella Kramer



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Glitzer, Glimmer, Weihnachtsschimmer



Glitzer, Glimmer, Weihnachtsschimmer! 


Glitzer, Glimmer, Weihnachtsschimmer
Tannengrün, Bratapfelduft,
Kerzenglanz in jedem Zimmer,
Weihnachtszeit liegt in der Luft.


Draußen knirscht der Schnee ganz leise,
drinnen warm der Ofen prasselt.
Christkind geht auf seine Reise.
Wintersturm am Fenster rasselt.


Keksbackdüfte ziehn durchs Haus,
jedermann summt Weihnachtslieder.
Was gibt's wohl zum Festtagsschmaus?
Kindheitsszenen kehren wieder.


Weihnachtsmärchen alter Dichter,
Glockenklänge in der Nacht.
Glücklich lächelnde Gesichter,
Gabentische voller Pracht.


Weihnachtsträume werden wahr,
Frieden kehrt im Herzen ein,
Weihnachtszeit ist wunderbar.
Könnt' doch immer Weihnacht sein!




veredit©isabella.kramer 2007


Im Dezember 2021 ist ein Song nach diesem Gedicht entstanden. Komposition, Musik und Gesang Noah-Benedikt "Könnt' doch immer Weihnacht sein!"



Eine wunderbare englische Übersetzung von Greg Yancoskie


 Can always be Christmas

Glitter, mica, Christmas shimmer
fir green, frying field scent,
candlelight in every room,
Christmas time is in the air.

Outside, the snow crunches very quietly,
inside warm the oven crackles.
Christ Child goes on his journey.
Winter storm rattles at the window.

Biscuit baking scents run through the house,
everyone hums Christmas carols.
What's there for the holiday feast?
Childhood scenes return.

Christmas fairy tales of old poets,
Bell sounds at night.
Happy smiling faces,
Gift tables full of splendor.

Christmas dreams come true,
Peace returns to the heart,
Christmas time is wonderful.
Can always be Christmas!


Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 
Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de


Photo copyright: Isabella Kramer

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24 lange Tage

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24 lange Tage

Wenn die erste Fröste knistern
in dem Wald bei Bayrisch-Moos,
geht ein Wispern und ein Flüstern
in den Tannenbäumen los-
ein Gekicher und Gesumm ringsherum.
Eine Tanne lernt Gedichte,
eine Lerche hört ihr zu.
Eine dicke, alte Fichte
sagt verdrießlich: Gebt doch Ruh`!
Kerzenlicht und Weihnachtszeit sind noch weit!
Vierundzwanzig lange Tage
wird gekräuselt und gestutzt
und das Wäldchen ohne Frage
wunderschön herausgeputzt.
Wer noch fragt: Wieso? Warum? -
der ist dumm!
Was das Flüstern hier bedeutet,
weiß man selbst im Spatzennest:
Jeder Tannenbaum bereitet
sich nun vor aufs Weihnachtsfest.
Denn ein Weihnachtsbaum zu sein,
das ist fein!





James Krüss, 1926-1997








Gemälde copyright: Isabella Kramer 




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Flocken tanzen







Flocken tanzen

Flocken fallen nicht, sie tanzen,
trudeln, trödeln, schwieschwuschwieren,
heben sich empor, sind Lanzen,
weiche Watte. Oft verlieren
sie den Auftrag, der sie ruft
und zerschmelzen in der Luft.

Flocken sind die Harlekine
unter allen Niederschlägen.
Nasen treffen sie, Sabine
necken sie und legen
sich an ihrem Nacken an,
spielen vorher Hampelmann.

Flocken häufen sich mit Schwestern
auf den Wegen, Häusern, Bäumen,
tünchen weiß, was grad noch gestern
farbig war. In Kinderträumen
tragen sie auch Namen wie
Cheristane, Weißmarie.




©Ingo Baumgartner




Photo copyright: Isabella Kramer
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Ausfahrt

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Ausfahrt

Schlitten vorm Haus,
Steig ein, kleine Maus,
Zwei Kätzchen davor,
So gehts durchs Tor,
Zwei Kätzchen dahinter,
So gehts durch den Winter.

Hinein ins Feld,
Wie weiß ist die Welt.
Auf einmal, o weh,
Kleine Maus liegt im Schnee,
Kleine Maus liegt im Graben,
Wer will sie haben?

Schlitten vorm Haus,
Wo blieb kleine Maus?
Die Kätzchen, miau,
Die wissens genau:
Hat nicht still gesessen,
Da haben wir sie gefressen.





Gustav Falke






Photo copyright: Isabella Kramer



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Lied im Advent

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Lied im Advent

Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
daß er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.

Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.

Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!





Matthias Claudius, 1740 - 1815




Photo copyright: Isabella Kramer



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Traumfolgen

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traumfolgen


ein netz aus schatten hat die nacht gewoben
drin baumeln zeichen, sind aus kaltem glas,
berührt dein finger diese glatten wesen
ertönen sphärenklänge, klingen lange nach.


ein windhauch hat schimärenhaft zerstoben
die schattenzeichen netz und glattes glas,
nur die musik, aus lichten wunderklängen,
vibrierte noch, als längst der tag anbrach.












Photo copyright: Isabella Kramer









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Ende des Herbstes

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Ende des Herbstes

Ich sehe seit einer Zeit, 
wie alles sich verwandelt. 
Etwas steht auf und handelt 
und tötet und tut Leid. 

Von Mal zu Mal sind all 
die Gärten nicht dieselben; 
von den gilbenden zu der gelben 
langsamem Verfall: 
wie war der Weg mir weit. 

Jetzt bin ich bei den leeren 
und schaue durch alle Alleen. 
Fast bis zu den fernen Meeren 
kann ich den ernsten schweren 
verwehrenden Himmel sehn.






Rainer Maria Rilke, 1875-1926






Photo copyright: Isabella Kramer



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Herbst

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Herbst

Nun kommen die letzten klaren Tage
Einer müderen Sonne.
Bunttaumelnde Pracht,
Blatt bei Blatt.
So heimisch raschelt
Der Fuß durchs Laub.
O du liebes, weitstilles Farbenlied!
Du zarte, umrißreine Wonne!
Komm!
Ein letztes Sonnenblickchen
Wärmt unser Heim.
Da wollen wir sitzen,
Still im Stillen,
Und in die müden Abendfarben sehn.
Da wollen wir beieinander sitzen
In Herbstmonddämmer hinein
Und leise
Verlorene Worte plaudern.





Johannes Schlaf, 1892 - 1941





Photo copyright: Isabella Kramer

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An die Wolken

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An die Wolken

Es jagen die Stürme
Am herbstlichen Himmel
Die fliehenden Wolken;
Es wehen die Blätter
Des Haines hernieder,
Es hüllt sich in Nebel
Das ferne Gebirg.

O jaget, Ihr Wolken,
In stürmender Eile.
Ihr ziehet nach Süden,
Wo freundlich die Sonne
Den wehenden Schleier
Euch liebevoll schmücket
Mit goldenem Saum.

Mich trieben die Stürme
Des Schicksals nach Norden
Dort mangelt mir ewig
Die Sonne der Freude,
Und nimmer verkläret
Ihr Lächeln die Wolken
Des düsteren Sinnes.

Und darum geleit' ich
Mit Seufzern der Sehnsucht
Euch, luftige Bilder
Der wechselnden Laune
Des ewigen Himmels,
Und flüchtete gerne
Nach Süden mit euch.






Charlotte von Ahlefeld, 1781-1849




Photo copyright: Isabella Kramer




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Der Herbst

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Der Herbst

Das Glänzen der Natur ist höheres Erscheinen, 
Wo sich der Tag mit vielen Freuden endet,
Es ist das Jahr, das sich mit Pracht vollendet,
Wo Früchte sich mit frohem Glanz vereinen.

Das Erdenrund ist so geschmückt, und selten lärmet
Der Schall durchs offne Feld, die Sonne wärmet
Den Tag des Herbstes mild, die Felder stehen
Als eine Aussicht weit, die Lüfte wehen.

Die Zweig' und Äste durch mit frohem Rauschen,
Wenn schon mit Leere sich die Felder dann vertauschen,
Der ganze Sinn des hellen Bildes lebet
Als wie ein Bild, das goldne Pracht umschwebet.





Friedrich Hölderlin, 1770 - 1843






Photo copyright: Isabella Kramer


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Fliegenmahlzeit

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Fliegenmahlzeit 

Die Familie Siebenbein
Führt heut, welche Wonne,
Alle hundert Kinderlein
In die Abfalltonne.

Mhm, wie riechts hier wunderbar
Nach verfaulten Pflaumen.
Ach, solch grüne Wursthaut gar
Kitzelt mir den Gaumen.

Schimmelkäse, alt und zäh,
Eine ganze Schüssel!
Kinder, wenn ich so was seh,
Wässert mir der Rüssel.

Immer schön manierlich sein,
Nicht so hastig schlecken!
Brumsebrim, es ist nicht fein,
Sich was einzustecken.

Sissilinchen, du vergißt:
Nicht mit allen sechsen!
Wenn man in Gesellschaft ist,
Darf man nicht so klecksen!



Friedrich Hofmann, 1813 - 1888




Photo copyright: Isabella Kramer
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Weißt du, dass die Bäume reden?

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Weißt du, dass die Bäume reden
wenn das Blattwerk leise rauscht
damals in dem Garten Eden
zweier Menschen Stimm’ gelauscht

sprechen von der Mutter Erde
die den Menschen Heimat gab
auf dass alles wuchs und werde
aus Natur das Leben ward

weißt du, dass der Wind erzählt
selt’ne Träume aus der Nacht
als ein Stern den Mond erwählt
und ihm seinen Glanz gebracht

seitdem strahlen uns für immer
hunderttausend Sternenkinder
und verbreiten ihren Glimmer
über staunend stille Münder

weißt du, dass die Meere klingen
aus den unergründlich Tiefen
dass sie uns die Lieder bringen
derer, die aus Lieb’ uns riefen

Wassertierchen, die sich tummeln
in des Meeres Fluten weit
ganz gemächlich dort verbummeln
ihre Wassertierchen-Zeit

weißt du, dass der Regen singet
eine Melodie gar fein
klein und große Tropfen klinget
in dem müden Blümelein

singt von einer langen Reise
kam vom weiten Ozean
seltsam traurig seine Weise
als im Boden er zerrann

weißt du, dass die Kinder ahnen
das, wovon ich euch erzählt
und dass jeden Tag sie mahnen
dass ihr klüger auserwählt
was euch die Natur beschert

und sie anhört, mit ihr redet
mit ihr weint und mit ihr lacht
denn, wer die Natur befehdet
sie zu seinem Feind sich macht



© Ingrid Hassmann 2007




Photo copyright: Isabella Kramer
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Es spukt!

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Es spukt

Abends, wenn die Heimchen singen,
Wenn die Lampe düster schwelt,
Hör ich gern von Spukedingen,
Was die Tante mir erzählt.

Wie es klopfte in den Wänden,
Wie der alte Schrank geknackt,
Wie es einst mit kalten Händen
Mutter Urschel angepackt,

Wie man oft ein leises Jammern
Grad um Mitternacht gehört
Oben in den Bodenkammern,
Scheint mir höchst bemerkenswert.

Doch erzählt sie gar das Märchen
Von dem Geiste ohne Kopf,
Dann erhebt sich jedes Härchen
Schaudervoll in meinem Schopf.

Und ich kann es nicht verneinen,
Dass es böse Geister gibt;
Denn ich habe selber einen,
Der schon manchen Streich verübt.




Wilhelm Busch








Bild: Wikimedia Commons



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Der kleine Vogelfänger






Wart', Vöglein, wart'! Jetzt bist du mein,
Jetzt hab' ich dich gefangen,
In einem Käfig sollst du jetzt
An meinem Fenster hangen!

»Ach, lieber Bube, sag' mir doch,
Was hab' ich denn begangen,
Dass du mich armes Vögelein,
Dass du mich hast gefangen?« –

Ich bin der Herr, du bist der Knecht:
Die Tiere, die da leben,
Die sind dem Menschen allzumal
Und mir auch untergeben.

»Das, lieber Bube, glaub' ich nicht,
Das sollst du mir beweisen!« –
Schweig' still, schweig' still! sonst brat' ich dich
Und werde dich verspeisen! –

Der Knabe rannte schnell nach Haus,
Da fiel er von der Stiegen.
Das Vöglein flog zum Haus hinaus
Und ließ das Büblein liegen.




August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874







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Zum Abschied

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Der Herbstwind schüttelt die Linde,
Wie geht die Welt so geschwinde!
Halte dein Kindlein warm.
Der Sommer ist hingefahren,
Da wir zusammen waren -
Ach, die sich lieben, wie arm!

Wie arm, die sich lieben und scheiden!
Das haben erfahren wir beiden,
Mir graut vor dem stillen Haus.
Dein Tüchlein noch läßt du wehen,
Ich kann's vor Tränen kaum sehen,
Schau' still in die Gasse hinaus.

Die Gassen schauen noch nächtig,
Es rasselt der Wagen bedächtig -
Nun plötzlich rascher der Trott
Durch's Tor in die Stille der Felder
Da grüßen so mutig die Wälder,
Lieb' Töchterlein, fahre mit Gott!





Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff





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Das Schachspiel

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(Photo: David Lapetina/Wikimedia Commons)




Auf einem Schachbrett stand der Steine bunte Schar
Nach Stand und Würden hingepflanzt;
Der hölzerne Monarch und seine Dame war
Von Reisigen und Türmen rund umschanzt.
Die Läufer, oder wenn wir sie
Nach gallischen Kanzleistil nennen wollen,
Die Narren spielten große Rollen.
Die Bauern, gar ein zahmes Vieh
So lange sie nicht ihre Stärke kennen,
Die Bauern mußten vorne dran,
Um sich zuerst die Köpfe zu verrennen.
Das deutungsvolle Spiel begann.


Hier war der Knecht vom Herrn und dort der Knecht vom Knechte,
Oft gar der Herr durch seinen Hintermann
Von seinem Platz verdrängt. Der stolze Groß-Sultan
Sah unbewegt zur Rechten und zur Linken
Die Hälfte seiner Nation,
Als Opfer des Geschicks, zu Boden sinken,
Und endlich fiel auch er vom Thron.
Jetzt nimmt der Herr des Spiels, der allen Steinen
Die Rollen ausgeteilt und selbst sie aufgestellt,
Sie weg, und wirft vermengt die Großen und die Kleinen
In einen dunklen Sack. Dies ist das Bild der Welt.





Gottlieb Konrad Pfeffer (1736 - 1809), deutscher Fabeldichter und Erzähler








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Wiegenlied

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Singet, leise, leise, leise,
Singt ein flüsternd Wiegenlied,
Von dem Monde lernt die Weise,
Der so still am Himmel zieht.

Singt ein Lied so süß gelinde,
Wie die Quellen auf den Kieseln,
Wie die Bienen um die Linde
Summen, murmeln, flüstern, rieseln.




Clemens Brentano









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Die fünf Hühnerchen

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Die fünf Hühnerchen



Ich war mal in dem Dorfe,
Da gab es einen Sturm,
Da zankten sich fünf Hühnerchen
Um einen Regenwurm.
Und als kein Wurm mehr war zu sehn,
Da sagten alle: Piep!
Da hatten die fünf Hühnerchen
Einander wieder lieb.





Victor Blühten, 1844-1920











gemalt von Isabella Kramer nach dem entzückenden Bild auf Wikimedia,Commons


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Die Zwerge von Pinneberg

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»In Pinneberg eine Hochzeit ist, auf auf, ihr lustigen
Geister!
Flink hin, wo's was zu essen gibt, wir sind Schnablierens
Meister!«
»Ja!« rief das sämtliche Gezwerg,
»Nach Pinneberg - nach Pinneberg!«
Mit feinen Stimmchen: »Pinneberg!«
Mit gröberen - »Nach Pinneberg!
Ja Pinneberg!
Nach Pinneberg!«

Die Gäste sitzen schon am Tisch und denken nun zu
schmausen;
Doch zwischen hockt das Geistervolk, und flink beginnt das
Mausen.
Kehrt sich ein Gast zur Nachbarin,
Schlipp schlapp, ist seine Suppe hin!
Es fasst es kein Verstand und Sinn,
Er sieht sich um, wo ist sie hin?
Wo ist sie hin,
Wo ist sie hin?

Es sind die Zwerge nicht zu sehn, sie haben Nebelkappen,
Sie drehen, wenden, ducken sich, man kann sie schwer
ertappen.
Sie höhlen aus den ganzen Fisch,
Sie ziehen aus der Gans den Wisch,
Sie langen das Konfekt vom Tisch,
Sie trinken aus den Gläsern frisch
Wein und Gemisch
Verschwenderisch!

Der Tanz beginnt, man steht nun auf, die Gäste sind noch
nüchtern,
Es knurrt der Magen, und man war im Nehmen doch nicht
schüchtern!
Doch, kam auch noch soviel herein,
Gleich war das Zwergvolk hinterdrein,
Weg war sogleich Bier, Met und Wein,
Im Nu auch jeder Teller rein
Von Leckerein Und Näscherein!

Die Gäste sind zum Tanz so leicht, als war' es vor dem
Speisen.
Hei! wie gelang den Paaren es, im Saal herumzukreisen!
Doch bald erhebt ein Stäuben sich
So mächtiglich und fürchterlich,
Als tanzte hier unsichtbarlich
Der Püsterich mit Alberich
Und Alberich
Mit Kalberich.

Und sieh! so war's; die Zwerge sind vom vielen Wein
betrunken:
Da wird im Saal herumgeschleift, gehumpelt und gehunken!
Den einen juckt so weit die Haut,
Er küsst beherzt die schöne Braut,
Und was der eine sich getraut,
Getraut sich alles böse Kraut:
Es graut der Braut,
Die fühlt, nicht schaut.

Den Bräutigam verdrießt das Ding: er schlägt um sich im
Zorne
Und trifft, da fliegt ein Käppchen ab dem einen Zwerg von
vorne.
Das fängt der Bräutigam sodann
Und sieht nunmehr den kleinen Mann,
Der aber blickt ihn bittend an
Und weint, so sehr man weinen kann:
»Sei kein Tyrann!
Lass los den Bann!«

»Halt fest!« rief da ein Gast ihm zu, »dann kommen andre
Zwerge,
Die bringen dir zum Lösegeld viel Schönes aus dem Berge.
So! kneif ihn recht! dann schreit er sehr,
Da kommen Zwerge mehr und mehr:
Sieh! keiner hat die Hände leer,
Und alle tragen Schätze schwer;
Sie keuchen sehr: Kneif ihn noch mehr!«

Wie mühsam kommt nun einer an mit einer goldnen Kette
Und fleht der schönen Braut, dass sie den Kameraden rette.
Die Braut, zufrieden mit dem Kauf,
Setzt nun dem Schelm sein Käppchen auf,
Gibt einen Kuss ihm obenauf
Und sagt: »Nun, armer Schelm, nun lauf.
Lauf Zwergehauf,
Den Berg hinauf!«

Da lief, so schnell es konnte, fort das ganze Volk der
Zwerge
Und zankte sich noch lange Zeit, man hört es tief im Berge.
Sie sagten: »Nie nach Pinneberg -
Spricht einer noch von Pinneberg,
Den schicken wir nach Pinneberg,
Und lassen ihn in Pinneberg!
In Pinneberg,
In Pinneberg.«

Der Braut zu Füßen aber liegt der Saal gehäuft voll Schätze,
Und jeder Gast empfängt ein Stück, dass er sich dran
ergötze.
Aufs neu' beginnt das ganze Fest;
Und da nun fort das Wespennest,
Ein jeder sich's auch schmecken lässt,
Was man ihm bringt aus Ost und West,
Und hält es fest
Bis auf den Rest.





August Kopisch, 1799-1853










 Bild: Wikimedia.Commons




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Der Grashalm

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Der Grashalm

Da drinnen im Waldesgrunde,
Am mild beschatteten Bach,
Da steht ein schlanker Grashalm
Und sieht den Wellen nach.

Entwandernd schau'n sie zum Halme
Mit Silberblicken empor,
Da beugt er sich liebend hinunter,
Küßt Welle für Welle zuvor.

Da scharen die zärtlichen Wellen
Liebkosend sich um ihn her
Und tragen ihn, leis' umarmend,
Mit sich hinaus ins Meer.




Johann Frecher von Steinwand, 1828 - 1902




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Der weise Schuhu

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Der Schuhu hörte stets mit Ruh,
wenn zwei sich disputierten, zu.

Mal stritten sich der Storch und Rabe,
Was Gott der Herr zuerst erschaffen habe,

Ob erst den Vogel oder erst das Ei.
"Den Vogel!" - schrie der Storch
"Das ist doch klar wie Brei!"

Der Rabe krächzt: "Das Ei, wobei ich bleibe;
wer's nicht begreift, hat kein Gehirn im Leibe!"

Da fingen an zu quaken
Zwei Frösch in grünen Jacken.

Der eine quakt: "Der Storch hat recht!
"Der zweite quakt: "Der Rab hat recht!"

"Was?" schrien die beiden Disputaxe
"Was ist denn das für ein Gequakse?"

Der Streit erlosch.
Ein jeder nimmt sich einen Frosch,

Der schmeckt ihm gar nicht schlecht.
Ja, denkt der Schuhu, so bin ich!
Der Weise schweigt und räuspert sich!




Wilhelm Busch, 1832-1908




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Das Leben der Katz

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Das Leben der Katz

Zum Fressen geboren, zum Kraulen bestellt
in Schlummer verloren gefällt mir die Welt.
Ich schnurr' auf dem Schoße, ich ruhe im Bett
in lieblicher Pose, ob schlank oder fett.

So gelte ich allen als göttliches Tier, sie stammeln
und lallen und huldigen mir, liebkosen mir
glücklich den Bauch, Öhrchen und Tatz –
ich wählte es wieder, das Leben der Katz.



Johann Wolfgang von Goethe






Photo copyright: Isabella Kramer

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Sommer - Manfred Kyber





Sommer


Mittagsglut und Mittagsschweigen,
zeitenlos die Stunde flieht.
Nur im Gras die Grillen geigen
und ein Vogel ruft im Ried.


Über ährengoldenen Hügeln
eine Ferne blau und weit.
Leise schwingt auf Falterflügeln
Sommersonnenseligkeit ...




Manfred Kyber





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Abendlied

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wie harmlos kommt's daher ...

müde bin ich geh zur Ruh
schließe meine Augen zu
leg mich hin ganz wie ich will
halte meine Füße still
mal mir einen bunten Traum
sinke tief in Blütenschaum
grab mich ein in warmen Schlamm
lutsche Daumen hab es warm
sammle für den nächsten Tag
was die Nacht mir geben mag

müde bin ich geh zur Ruh
wink dem Tag noch einmal zu
lass ihn dann ganz einfach gehen
morgen werd ich weitersehen
morgen wird ein neuer Tag
komme was da kommen mag





von Monika Reinfurt



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Der Schnupfen

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Der Schnupfen

Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: „Pitschü!"
und hat ihn drauf bis Montag früh.

 






Christian Morgenstern, 1871-1914










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Dämmernd liegt der Sommerabend

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Dämmernd liegt der Sommerabend
Über Wald und grünen Wiesen;
Goldner Mond, im blauen Himmel,
Strahlt herunter; duftig labend.

An dem Bache zirpt die Grille,
Und es regt sich in dem Wasser;
Und der Wandrer hört ein Plätschern
Und ein Atmen in der Stille.

Dorten, an dem Bach alleine,
Badet sich die schöne Elfe;
Arm und Nacken, weiß und lieblich,
Schimmern in dem Mondenscheine.






Heinrich Heine, 1797 - 1856






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Im Walde

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Im Walde

Hier an der Bergeshalde
Verstummet ganz der Wind;
Die Zweige hängen nieder;
Darunter sitzt das Kind.

Sie sitzt im Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft;
Die blauen Fliegen summen
Und blitzen durch die Luft.

Es steht der Wald so schweigend,
Sie schaut so klug darein;
Um ihre braunen Locken
Hinfließt der Sonnenschein.

Der Kuckuck lacht von ferne,
Es geht mir durch den Sinn:
Sie hat die goldnen Augen
Der Waldeskönigin.





Theodor Storm

Eine sehr rohe Romanze von einem Sonnenstrahl

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Vom Himmel fuhr ein Sonnenstrahl,
Zu blau war ihm die Höhe,
Er fuhr herab ins grüne Tal,
Daß er was andres sehe.
Schöner, grüner,
Veilchenblauer Sonnenstrahl.

Im grünen Tal ein Wirtshaus stand
Und auf dem Tisch ein Käse;
Der Sonnenstrahl fuhr durch die Wand
Und fuhr in diesen Käse.
Schöner, grüner usw.

Am Tisch ein alter Hausknecht saß,
Hungrig war's ihm zu Sinnen.
Derselbige den Käse fraß
Mit samt dem Strahle drinnen.
Schöner, grüner usw.

O Sonnenstrahl, du bist blamiert
In dieses Hausknechts Magen,
Sieh zu, daß er dich 'rausbugsiert,
Du kannst das nit vertragen.
Schöner, grüner usw.

Der Sonnenstrahl im Schweizerkäs
Begann ein stark Rumoren,
Bis in des Hausknechts Magen es
Gar fürchterlich gegoren.
Schöner, grüner usw.

Und als aus dieser Gärerei
Blähungen sich entspannen,
Da ward der Sonnenstrahl auch frei
Und fuhr als –! von dannen.
Schöner, grüner usw.







Joseph Victor von Scheffel, 1826 - 1886







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Wiesenkind





Wiesenkind


Wiesenkind mit gelber Nase
eingetaucht ins Blumenglück,
bäuchlings durch den Gräserteppich
Sträuße pflückend, zwei Hand dick.

Käfer, Raupen in den Locken,
Sommersprossen auf den Wangen,
grüne Flecken an den Knien,
Purzelbaum beim Falterfangen. 

Augen strahlend, blaue Sterne,
leuchten wie der Sommerhimmel.
Füßchen braun gebrannt und nackt,
Gräserkitzeln spürst du gerne. 

Schnell noch einen Kranz ins Haar -
Wiesenköniginnenzeichen,
duftend, üppig, bunt und würzig, 
eine Krone sondergleichen. 

So geschmückt sinkst du zufrieden
abends mit ihr in dein Bett. 
Hörst im Schlaf die Gräser rauschen,
tanzt mit Grillen Menuett. 





veredit©isabella.kramer14 






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Photo copyright: Isabella Kramer
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Sehnsucht

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Einen höchsten Berg hatt' ich erstiegen,
weithin blaute uferloser Tag,
große, fremde Vögel sah ich fliegen,
sonnenwärts mit raschem Flügelschlag.

Nehmt mich mit! Ich kann nicht höher steigen,
zu den Sternen führt kein Weg empor.
Euch doch sind die seligen Weiten eigen!
– Aber schon verhallte fern ihr Chor.

Abwärts stieg ich unter Wäldersausen,
Bäche stürzten neben mir zu Tal:
Immer hört ich nur das mächtige Brausen
dieser Schwingen, hört es mir zur Qual.

"Bleibe nur in deiner stillen Hütte,
wo ein kleines Glück dir aufgetischt,
und auf deines Herdes Feuer schütte
neue Kohlen, daß es nicht erlischt."

Aber immer treibt es mich nach oben,
endlos kuppelt sich das Himmelsdach,
und die Arme sehnsuchtsvoll erhoben,
weint mein Herz den großen Vögeln nach.


Gustav Falke





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Geistesblitz

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wenn ich nicht weiter weiß
dann stiere ich ein kleines Loch in die Wolkendecke
[fällt ja keinem auf]
ich stippe mit dem Zeigefinger hinein
bis ich den winzigen Engel zu fassen bekomme
der darin poft
ich puste ihm sanft in die blonden Locken
zupf ihm erst die Flügel zurecht
und dann sein Hemdchen
und polier ihm den Regenbogen auf
vorsichtig mit meiner Fingerspitze
bis die Farben schillern

wenn der Engel dann
auf dem Bogen zu schaukeln beginnt
gibt es einen Geistesblitz











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An ein Hündlein

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Gern gab ich die drei Fünfer
Dem losen Buben hin.
Er trug, ich möchte schwören,
Noch ärgeres im Sinn.

Hier wird dich Niemand quälen,
Lässt jeder dich in Ruh;
Ja, trägt wohl gar, dich streichelnd,
Dir manchen Bissen zu.

Des Nachts, im Herbst und Winter,
Legst du dich nah am Herd
In dein bequemes Körbchen,
Und schlummerst ungestört.






Elisabeth Kulmann, 1808-1825



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Lied der Maikäfer

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Zwölf Monate sind es im Jahr,
Wir wählen uns nur einen,
Der aber muß uns wunderbar
In Blütenpracht erscheinen.
Sum, sum, sum.

Da fliegen wir von Baum zu Baum,
Und surren uns're Lieder,
Nach einem kurzen Lebenstraum
Geh'n wir zu schlummern wieder.
Surr, surr, surr.

Es weiß der Mensch, wie wir, nicht so
Die reine Luft zu wählen,
Macht ihn einmal ein Stündchen froh,
Sind's hundert, die ihn quälen.
Brum, brum, brum.

Die Weisheit fehlt ihm, das Genie,
Im Vollgenuß zu leben
Und dann zum Schluß mit Ironie
Gemütlich abzuschweben.
Schnurr, schnurr, schnurr.



Paul Cornel

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