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Weihnachten

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Leise weht's durch alle Lande 
wie ein Gruß vom Sternenzelt, 
schlinget neue Liebesbande 
um die ganze weite Welt. 

Jedes Herz mit starkem Triebe 
ist zu Opfern froh bereit, 
denn es naht das Fest der Liebe, 
denn es naht die Weihnachtszeit. 

Und schon hat mit tausend Sternen 
sich des Himmels Glanz entfacht, 
leise tönt aus Himmelsfernen 
Weihgesang der heil'gen Nacht. 

Hell aus jedem Fenster strahlet 
wundersam des Christbaums Licht, 
und der Freude Schimmer malet 
sich auf jedem Angesicht. 

Lichte Himmelsboten schweben 
ungeseh'n von Haus zu Haus; 
selig Nehmen, selig Geben 
geht von ihrer Mitte aus. 

O willkommen, Weihnachtsabend, 
allen Menschen, groß und klein! 
Friedebringend, froh und labend 
mögst du allen Herzen sein!


Adelheid Humperdinck-Wette , 1858 - 1916


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Weihnachten bewahren




Das ist Weihnachten bewahren.

Ich beschließe zu vergessen,
was ich für andere getan habe,
und will mich daran erinnern,
was andere für mich taten;
ich will übersehen,
was die Welt mir schuldet,
und daran denken
was ich der Welt schulde.

Ich will erkennen,
daß meine Mitmenschen genauso
wirkliche Wesen sind wie ich,
und will versuchen,
hinter ihren Gesichtern
ihre Herzen zu sehn,
die nach Freude und Frieden hungern.

Ich will das Beschwerdebuch gegen die Leistungen
des Universums schließen
Und mich nach einem Platz umsehen,
wo ich ein paar Saaten Glücklichsein säen kann.






Henry van Dyke, 1852 -1933






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Weihnachtsgedicht

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Für euch, o Kinder, blüht das Fest der Feste,
Was bringt's wohl diesmal? Welch ein Meer von Licht?
Könnt ihr's erwarten? Wißt, das Allerbeste,
Das habt ihr schon. Das ist's: ihr wißt's noch nicht.

Was wir zum Spiel, was wir zum Ernst euch geben,
Als reine Freude gebt ihr's uns zurück.
Das ist das Beste, daß es eurem Leben
Noch Wahrheit ist und ungetrübtes Glück.

Noch goldne Früchte trägt an seinen Zweigen
Für euch der Tannbaum, der im Wintergraun
Und einsam steht im Wald mit ernstem Schweigen,
Auf den die goldnen Sterne niederschaun.

Ein ganzes Jahr mit vielen, vielen Tagen
Erglänzt an dieses Tages Widerschein.
Mög' jeder Ernst euch goldne Früchte tragen
Und jedes Spiel euch lehren, froh zu sein.






Hermann Ritter von Lingg, 1820 - 1905






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Die Weihnachtsfee







Die Weihnachtsfee



Die Weihnachtsfee Distella
hat silberweißes Haar,
verziert mit tausend Sternen,
so schön, kaum vorstellbar!

Ihr Kleid aus feinster Seide
umschwebt sie wie ein Traum,
rot, grün in Weihnachtsfarben,
goldsternbestickt am Saum.

Sie schickt in Kindernächte
ihr Weihnachtsglöckchenlachen,
verscheucht mit Feenhänden
die Angst vor bösen Drachen.

Am Tag träumt sie am liebsten
im Grün des Tannenkranzes
und übt mir ihren Schwestern
den Dreh des Weihnachtstanzes.

Dann fliegen ihre Haare,
dass Glitzerfunken sprühn,
die Hände, Füße wirbeln,
jetzt noch ein Sprung, ganz kühn.

Am Baum die Kugeln schwanken
gefährlich her und hin.
Die Feen kichern leise,
so stimmt’s, der Schwung ist drin.

Siehst du nun scheinbar grundlos,
den Christbaum sich bewegen,
dann hat es wohl am Reigen
der Weihnachtsfeen gelegen.



veredit©isabella.kramer13





Gemälde copyright: Isabella Kramer 


Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 
Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de





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Die weisse Weihnachtsrose

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Die weisse Weihnachtsrose

Wenn über Wege tiefbeschneit
der Schlitten lustig rennt,
im Spätjahr in der Dämmerzeit,
die Wochen im Advent,
wenn aus dem Schnee das junge Reh
sich Kräuter sucht und Moose,
blüht unverdorrt im Frost noch fort
die weisse Weihnachtsrose.

Kein Blümchen sonst auf weiter Flur;
in ihrem Dornenkleid
nur sie, die niedre Distel nur
trotzt allem Winterleid;
das macht, sie will erwarten still,
bis sich die Sonne wendet,
damit sie weiss, dass Schnee und Eis
auch diesmal wieder endet.

Doch ist`s geschehn, nimmt fühlbar kaum
der Nächte Dunkel ab,
dann sinkt mit einem Hoffnungstraum
auch sie zurück ins Grab.
Nun schläft sie gern; sie hat von fern
des Frühlings Gruss vernommen,
und o wie bald wird glanzumwallt
er sie zu wecken kommen.


Hermann von Lingg




Schneerose - veredit.isabella kramer 2009


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Windkind

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Windkind

ungestümes Sausebrause
Windkind – nordisch hell
Wolkenreiter, Blätterwirbler
ungezähmtes Naturell


Locken fliegen himmelhoch
Birken biegen bodennah
Röcke bauschen, Hüte lupfen
nichts bleibt liegen, wo es war


Fensterlädenklapperlied
ruckeln, schütteln, richtig doll
Drachen auf und nieder rütteln
Schirmballett als Rock'n Roll


so geht Spaß nach deinem Herzen
brausen, pusten, tanzen, wehen
stürmischer Umarmungsabschied
Ciao, mach's gut – auf Wiedersehen





veredit©isabella.kramer2013






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Photo copyright: Isabella Kramer
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Stille Winterstraßen

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Es heben sich vernebelt braun
Die Berge aus dem klaren Weiß,
Und aus dem Weiß ragt braun ein Zaun,
Steht eine Stange wie ein Steiß.

Ein Rabe fliegt, so schwarz und scharf,
Wie ihn kein Maler malen darf,
Wenn er’s nicht etwa kann.

Ich stapfe einsam durch den Schnee.
Vielleicht steht links im Busch ein Reh
Und denkt: Dort geht ein Mann.







Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934

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Der Quälgeist - ein Katzengedicht

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Der Quälgeist

Ein Quälgeist ganz besonderer Art,
mit einem Fell wie Seide.
Die Krallen spitz und messerscharf,
doch tun sie nichts zuleide.

Sie quält mit einfallsreichem Stil,
nur gut für taube Ohren.
Wenn man nicht tut, was sie so will,
bleibt man nicht ungeschoren.

Sie schnurrt und gurrt, miaunzt und rollt
sich ständig vor den Füßen.
Gelegentlich wird auch geschmollt,
nur kurz, was wir begrüßen.

Ein Blick aus ihren goldenen Augen,
ein Streicheln um die Beine.
Kann Steinen jede Härte rauben,
geschickt ist sie die Kleine.

Zum Glück sind wir recht gut dressiert,
gehorchen jetzt und gleich.
Das Schätzchen maunzt, Frauchen pressiert,
schon ist das Ziel erreicht.







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Photo copyright: Isabella Kramer
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Zwei Träume

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Zwei Träume

Mir träumte, du warst ein Bettelkind
Und saßest frierend am Wege,
Ich jagte, ein freudiger Reitersmann,
Das Reh im wald'gen Gehege.
Ich sah dir ins Auge, es zog mich herab,
Herab von dem knirschenden Rosse,
Und ehe der Schnee auf dem Berge noch schmolz,
Da warst du die Herrin im Schlosse.

Mir träumte, du warst ein Fürstenkind
Umworben von stolzen Vasallen,
Sie häuften zu Füßen dir Perlen und Gold,
Ich war der ärmste von allen.
Du blicktest auf mich, du gabst mir die Hand
Und führtest mich lächelnd zum Throne,
Den purpur'nen Mantel hingst du mir um
Und reichtest die funkelnde Krone!







Edmund Sternau, 1839 - ca. 1913





Photo copyright: Isabella Kramer



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Herbstfeuer




Rings in allen Gärten,
die im Tale sind,
rauchen nun die Feuer,
und der Herbst beginnt.


Fern ist nun der Sommer
und der Blumenduft.
Rote Feuer lodern.
Rauch steigt in die Luft.


Lobt den Lauf des Jahres
und den Wechsel auch!
Blumen bringt der Sommer
und der Herbst den Rauch!




Robert Louis Stevenson, 1850-1894






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Regen in der Dämmerung

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Regen in der Dämmerung

Der wandernde Wind auf den Wegen
War angefüllt mit süßem Laut,
Der dämmernde rieselnde Regen
War mit Verlangen feucht betaut.

Das rinnende rauschende Wasser
Berauschte verwirrend die Stimmen
Der Träume, die blasser und blasser
Im schwebenden Nebel verschwimmen.

Der Wind in den wehenden Weiden,
Am Wasser der wandernde Wind,
Berauschte die sehnenden Leiden,
Die in der Dämmerung sind.

Der Weg im dämmernden Wehen,
Er führte zu keinem Ziel,
Doch war er gut zu gehen
Im Regen, der rieselnd fiel.




Hugo von Hofmannsthal





Photo copyright: Isabella Kramer

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Bei der Großmutter - Julius Sturm





Wie traulich ist's im stillen Zimmer,
Die Uhr tickt heimlich auf dem Schrank,
Um Blumen spielt der Sonne Schimmer,
Und Tisch und Bank sind spiegelblank.

Im weichen Lehnstuhl sitzt das alte,
Schier achtzigjährige Mütterlein,
Auf welker Stirne Falt' an Falte,
Doch in den Augen Sonnenschein!

Vertraulich schmiegt sich ihrem Schoße
Ein blühend Kinderpärchen an,
Dem sie das Bilderbuch, das große,
Auf vieles Bitten aufgetan.

Nun blühen Märchen aus dem Munde,
Wie Rosen aus dem Dorn erblüh'n,
Die Kleinen lauschen still der Kunde,
Und ihre vollen Wangen glüh'n.

's ist nur ein Bild, doch füllt es immer
Die Augen mir mit Tränentau,
Mir ist, als kennt ich dieses Zimmer,
Die Kinder und die alte Frau.



Julius Karl Reinhold Sturm





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Herbst

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Gärtner, lass die Blätter liegen,
Die jetzt über die Erde rollen
Und die müde von der Reise
Sich zur Ruhe legen wollen.

Wie sie gelb und braun geworden -
Und der Reif an ihrem Rande -
Ruhn sie, tote Sommervögel,
Auf dem dunkelroten Sande.

Sieh, sie wollen deinem rauen
Besen sich nur ungern fügen;
Du vermagst des Winters Nahen
Doch nicht recht hinwegzulügen.




Heinrich Lersch


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Nephele - ein Herbstanz

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Nephele - ein Herbsttanz 


es sind die weichen spuren
des kaum erhellten tages 
die grauen schleier jener 
nicht mehr jungen bräute
die dennoch bebend sehnen
des späten feuers nähe – glut


es ist das leise wispern
das weiße haar so fein gesponnen
dass feen würden neidisch werden
verfangen sacht im windgewiegten ried
das sie verrät die nebelgrauen
sie tanzen ihren eigenen reigen - gut


ganz unbeirrt und forsch der schritt
und mutig einen raschen sprung
der bauscht die röcke hoch im flug
es will gelebt sein dieses restlich kurze jahr
bis hin zum letzten tag - verschwommen 
vage, was wohl kommen mag – nur mut 




veredit©isabella.kramer 11 




Gemälde copyright: Isabella Kramer 




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Rotkehlchen

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Rotkehlchen auf dem Zweige hupft,
wipp, wipp,
hat sich ein Beerlein abgezupft,
knipp, knipp,
läßt sich zum klaren Bach hernieder,
tunkt's Schnäblein ein und hebt es wieder,
stipp, stipp, stipp, stipp,
und schwingt sich wieder in den Flieder.

Es singt und piepst
ganz allerliebst,
zipp, zipp, zipp, zipp, tirili,
sich seine Abendmelodie,
steckt's Köpfchen dann ins Federkleid
und schlummert bis zur Morgenzeit.



Wilhelm Busch



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Fliegenbitte

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Gönnt doch dem kleinen Wintergast
Im warmen Zimmer Ruh und Rast.
Da draußen ist gar schlimme Zeit,
Es stürmt und regnet, friert und schneit.

Ach, mein Begehren ist nur klein,
Ich nehme wenig Raum nur ein!
Im Blumenbusch am Fenster hier,
Da such' ich mir ein Nachtquartier.

Und wird es mir darin zu kalt,
So ist mein liebster Aufenthalt
Beim alten Fritzen auf dem Hut,
Da sitz' ich sicher, warm und gut.

Und kommt der heil'ge Christ heran,
Dann freu' ich mich wie Jedermann,
Weihnachten soll's für mich auch sein,
Ein Kuchenkrümchen wird schon mein.

Drum laß die arme Flieg' in Ruh,
Sie hat ein Recht zu sein wie du.
Nun, liebes Kind, nun freue dich
Und sei noch lustiger als ich!





August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798 - 1874

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Sommerende

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Sommerende 

Wehmut raschelt das trockene Laub
Gräser knistern gestrig im Wind
Birkengold wirbelt, der Böen Raub
Wo nur die Tage geblieben sind


Gräser knistern gestrig im Wind
Flüstern von kommender dunkler Zeit
Wo nur die Tage geblieben sind
Wärme und Leben – Vergangenheit


Flüstern von kommender dunkler Zeit
Hoch am Himmel Wildgänse reisen 
Wärme und Leben – Vergangenheit 
Sehnsuchtsträume gen Süden weisen


Hoch am Himmel Wildgänse reisen
Wehmut raschelt das trockene Laub
Sehnsuchtsträume gen Süden weisen
Birkengold wirbelt, der Böen Raub





veredit©isabella.kramer








aus dem Lyrikband: weniger bis meer von Isabella Kramer

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Erntefest

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Wagen auf Wagen schwankte herein,
Scheune und Böden wurden zu klein:
Danket dem Herrn und preist seine Macht,
glücklich ist wieder die Ernte vollbracht.

Hoch auf der Fichte flattert der Kranz,
Geigen und Brummbass laden zum Tanz;
leicht wird das Leben trotz Mühe und Plag,
krönet die Arbeit ein festlicher Tag.

Seht ihr der Kinder fröhliche Schar,
blühende Wangen, goldlockiges Haar?
hört ihr sie jubeln? O liebliches Los,
fällt ihnen reif doch die Frucht in den Schoß!

Wir aber furchen, den Pflug in der Hand,
morgen geschäftig aufs neue das Land;
ewig ja reiht, nach des Ewigen Rat,
Saat sich an Ernte und Ernte an Saat.

Julius Sturm, 1816-1886
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Der Lotse

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"Siehst du die Brigg* dort auf den Wellen?
Sie steuert falsch, sie treibt herein
und muß am Vorgebirg zerschellen,
lenkt sie nicht augenblicklich ein.

Ich muß hinaus, daß ich sie leite!"
"Gehst du ins offne Wasser vor,
so legt dein Boot sich auf die Seite
und richtet nimmer sich empor."

"Allein ich sinke nicht vergebens,
wenn sie mein letzter Ruf belehrt:
Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens
ist wohl ein altes Leben wert.

Gib mir das Sprachrohr. Schifflein, eile!
Es ist die letzte, höchste Not!" -
Vor fliegendem Sturme gleich dem Pfeile
hin durch die Schären eilt das Boot.

Jetzt schießt es aus dem Klippenrande:
"Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei.
Kieloben treibt das Boot zu Lande,
und sicher fährt die Brigg vorbei. 



Ludwig Giesebrecht 1800-1900








* ... Brigg ist die Bezeichung für ein zweimastiges Schiff mit Rahsegeln an beiden Masten

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Das erste Birnbaumgedicht (1875)

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Zu Ribbeck an der Kirche ein alter Birnbaum steht,
der mit den üpp'gen Zweigen der Kirche Dach umweht.
Von hohem Alter zeuget der Stamm, so mächtig stark,
wächst schier aus dem Gemäuer wie aus der Kirche Mark.

Von diesem alten Birnbaum geht eine Sage hier,
sie war als Kind zu hören stets eine Wonne mir:
Ein alter Ribbeck, heißt es, war Kindern hold gesinnt,
wohl hundertmal beschenkt er im Dorfe jedes Kind.

In allen Kleidertaschen er Birnen, Äpfel hat,
gab stets mit beiden Händen, gab gern, genug und satt.
Und als er kam zu sterben, man in den Sarg ihn legt,
denkt nicht an seine Taschen, darin er Birnen trägt.

Und in dem nächsten Frühjahr wächst aus der Wand am Tor,
sproßt aus dem Erbbegräbnis ein Bäumlein grün hervor.
Der Alte, der im Leben die Kinder so geliebt,
nun noch in seinem Sarge den Kindern Freude gibt

Im Herbst viel kleine Birnen der Baum streut auf den Sand,
und heut noch greift mit Jubel danach der Kinder Hand.
Die Abendschatten sanken hernieder allgemach,
da ward in meiner Seele die alte Sage wach.






von Hertha von Witzleben,
Enkelin des Karl Friedrich Ernst von Ribbeck.
Sie schrieb dieses Gedicht bevor Fontane sein Gedicht
im Jahre 1889 veröffentlichte.



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Das Ährenfeld

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Ein Leben war's im Aehrenfeld,
Wie sonst wohl nirgend auf der Welt:
Musik und Kirmeß weit und breit
Und lauter Lust und Fröhlichkeit.

Die Grillen zirpten früh am Tag
Und luden ein zum Zechgelag:
Hier ist es gut, herein! herein!
Hier schenkt man Thau und Blüthenwein.

Der Käfer kam mit seiner Frau,
Trank hier ein Mäßlein kühlen Thau,
Und wo nur winkt' ein Blümelein,
Da kehrte gleich das Bienchen ein.

Den Fliegen ward die Zeit nicht lang,
Sie summten manchen frohen Sang.
Die Mücken tanzten ihren Reih'n
Wohl auf und ab im Sonnenschein.

Das war ein Leben rings umher,
Als ob es ewig Kirmeß wär'
Die Gäste zogen aus und ein
Und ließen sich's gar wohl dort sein.

Wie aber geht es in der Welt?
Heut' ist gemäht das Aehrenfeld,
Zerstöret ist das schöne Haus,
Und hin ist Kirmeß, Tanz und Schmaus.


August Heinrich Hoffmann von Fallersleben



Photo copyright: Isabella Kramer

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Die Wolken


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Seid mir gegrüßt, ihr Wolken!
Allwissende, denn Töchter
Seid ihr des Meers, und wisset
Was alles seine Tiefen
Geheimnißvoll verhüllen;
Und kaum geboren, steiget
Ihr in das Reich der Lüfte,
Und schauet auf den Menschen,
Den die Natur an's Erdreich
Gefesselt hält, hernieder
Aus schwindelhafter Höhe.
Wie euch beliebet, wallet
Nach Osten und nach Westen,
Nach Süden oder Norden
Ihr auf windschnellen Flügeln,
Und sehet Berg' und Thäler
Und Wälder und Gefilde,
Unabsehbare See,
Der Ströme Quell' und Mündung
Mit einem einz'gen Blicke,
Und seht auf Städt' und ihre
Unruhigen Bewohner,
Ameisenhaufen ähnlich,
Mitleidig lächelnd nieder.
Selbst tragt in euerm Schooße
Ihr Sturm, Gewitter, Regen.
Hier schnellt ihr Schlangenblitze,
Gefolgt von lauten Donnern;
Da schüttelt ihr die Wipfel
Erhabner Eichenwälder;
Dort strömt wohlthät'gen Regen
Ihr auf die dürren Felder.
Ihr spielet mit der Sonne,
Dem Monde und den Sternen,
Bald sie in voller Klarheit
Uns Sterblichen hienieden
Darstellend, bald in zarte,
Oft auch in dichte Schleier,
Wie's euch gefällt, sie hüllend.





Elisabeth Kulmann, 1808 - 1825



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Igel und Agel

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Igel und Agel 


Ein Igel saß auf einem Stein
und blies auf einem Stachel sein
      schalmeiala, schalmeialü!
    Da kam sein Feinslieb Agel
    und tat ihm schnigel schnagel
zu seinen Melodein.
        Schnigula schnagula
          schnaguleia lü!
  Das Tier verblies sein Flötenhemd...
»Wie siehst Du aus so furchtbar fremd!?«
      Schalmeiala, schalmeialü -- .
    Feins Agel ging zum Nachbar, ach!
    Den Igel aber hat der Bach
zum Weiher fortgeschwemmt.
        Wigula wagula
        waguleia wü
            tü tü .




Christian Morgenstern, aus der Sammlung "Galgenlieder"




Gemälde copyright: Isabella Kramer

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Am fließenden Wasser

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Ein Fischlein steht am kühlen Grund,
Durchsichtig fließen die Wogen,
Und senkrecht ob ihm hat sein Rund
Ein schwebender Falk gezogen.

Der ist so lerchenklein zu sehn
Zuhöchst im Himmelsdome;
Er sieht das Fischlein ruhig stehn,
Glänzend im tiefen Strome!

Und dieses auch hinwieder sieht
Ins Blaue durch seine Welle.
Ich glaube gar, das Sehnen zieht
Eins an des andern Stelle!




Gottfried Keller, 1819 - 1890










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Baum im Herbst

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Baum im Herbst


Was habt ihr plumpen Tölpel mich gerüttelt,
als ich in seliger Blindheit stand!
Nie hat ein Schreck grausamer mich geschüttelt,
– mein Traum, mein goldner Traum entschwand.

Nashörner ihr mit Elephanten-Rüsseln,
macht man nicht höflich erst: Klopf! Klopf!
Vor Schrecken warf ich euch die Schüsseln
goldreifer Früchte – an den Kopf.





Friedrich Wilhelm Nietzsche












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Ein W-Gedicht

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Ein W-Gedicht 


Wenn Waale wählen würden,

Wären Weltenmeere walfangfrei,

Walrösser winzige Wichte und 

Wahrscheinlich wäre die Welt

Ein warmes Wellental.






veredit©isabella.kramer 23.09.08




 ABC Reihe für Kinder 


Fotographie: wikipedia commons


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Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de

Nis Randers




Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd –
Ein Schrei durch die Brandung!

Und brennt der Himmel, so sieht man's gut.
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich's der Abgrund.

Nis Randers lugt – und ohne Hast
Spricht er: "Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen."

Da fasst ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein!
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will's, deine Mutter!

Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!"

Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
"Und seine Mutter?"

Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.

Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muss es zerschmettern ...! Nein, es blieb ganz! ...
Wie lange? Wie lange?

Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.

Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken des anderen springt
Mit stampfenden Hufen!

Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? – Ein Boot, das landwärts hält –
Sie sind es! Sie kommen!

Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt ...
Still – ruft da nicht einer? – Er schreit's durch die Hand:
"Sagt Mutter, 's ist Uwe!"






Otto Ernst


Gemälde von wiki commons: Ivan Constantinovich Aivazovsky, 1875



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Gingko Biloba

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Dieses Baumes Blatt der vom Osten
Meinem Garten anvertraut
Gibt geheimen Sinn zu kosten
Wie's den Wissenden erbaut.

Ist es ein lebendig Wesen
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei die sich erlesen
Daß man sie als eines kennt?

Solche Frage zu erwidern,
Fand ich wohl den rechten Sinn;
Fühlst du nicht an meinen Liedern
Daß ich eins und doppelt bin?






Johann Wolfgang von Goethe





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Storch und Spatz

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Es hat der Storch ein Nest gebaut
Und als er froh umher nun schaut
Hoch über allen Häusern
Da sitzt vor ihm ein kleiner Spatz
Und bittet um ein wenig Platz
Zum Nisten in den Reisern.

Da spricht der Storch: Mein Nest ist groß
Du bist ein kleines Vöglein bloß
Ich tu dir nichts zuleide
Du bist in gutem Schutz bei mir
Kein Mietgeld nehme ich von dir
´s Platz da für uns beide.

Das Spätzlein dankt und baut sich an
Der Storch hat ihm kein Leid getan
Und hat ihn nicht verstoßen
Sie wohnten beide lange Zeit
In Frieden und in Ewigkeit
Der Kleine bei dem Großen



Karl Enslin




Foto mit freundlicher Genehmigung: BrigitteLorenzPhotography



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Zwei Heimgekehrte

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Zwei Wanderer zogen hinaus zum Tor
Zur herrlichen Alpenwelt empor;
Der eine ging, weil's Mode just,
Den andern trieb der Drang in der Brust.

Und als daheim nun wieder die zwei,
Da rückte die ganze Sippe herbei,
Da wirbelt's von Fragen ohne Zahl:
"Was habt ihr gesehen? Erzählt einmal!"

Der eine drauf mit Gähnen spricht:
"Was wir gesehen? Viel war es nicht!
Ach, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,
Und blauen Himmel und Sonnenschein!"

Der andere lächelnd dasselbe spricht,
Doch leuchtenden Blicks, mit verklärtem Gesicht:
"Ei, Bäume, Wiesen, Bach und Hain,
Und blauen Himmel und Sonnenschein!"




Anastasius Grün, 1808 - 1876



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Weltgeheimnis

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...  Jedem leisen Verfärben
Lausch ich mit stillem Bemühn,
Jedem Wachsen und Sterben,
Jedem Welken und Blühn.

Was da webet im Ringe,
Was da blüht auf der Flur,
Sinnbild ewiger Dinge
Ists dem Schauenden nur.

Jede sprossende Pflanze,
Die mit Düften sich füllt,
Trägt im Kelche das Ganze
Weltgeheimnis verhüllt.



Emanuel Geibel, 1815 - 1884

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Nachtgedicht

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Ich bin die dunkle Nacht, mein Kind.
was Dämmerung an fahlem Grau
auf Stadt und Land hat abgelegt,
das färbe ich mit tiefem Schwarz.
Der Stern hat keine eile.
In Finsternis sind alle Farben blind.
Der Stern braucht eine Weile,
ein großer runder Tropfen Harz
der suchend, tastend sich bewegt,
am Himmel oben, schau, nur schau,
das ist der rote Mond, mein Kind.




© gabriele brunsch 2012


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Auch das kleinste Tier


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Auch das kleinste Tier
Hat ein Recht ans Leben,
Das, wie dir und mir,
Ihm zur Lust gegeben;
Wolltest du's töten,
Wenn's nicht vonnöten,
Du müßtest daneben
Vor dir selber erröten.




Johann Meyer, 1829 - 1904





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Ärgerlich

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Ärgerlich

Aus der Mühle schaut der Müller,
Der so gerne mahlen will.
Stiller wird der Wind und stiller,
Und die Mühle stehet still.

So geht's immer, wie ich finde,
Rief der Müller voller Zorn.
Hat man Korn, so fehlt's am Winde,
Hat man Wind, so fehlt das Korn.




von Wilhelm Busch




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Glück ist

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Glück ist wie
Regen bei strahlendem
Sonnenschein





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Abseits

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Abseits


Es ist so still; die Heide liegt
Im warmen Mittagssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühn; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft.

Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen,
Die Vögel schwirren aus dem Kraut -
Die Luft ist voller Lerchenlaut.

Ein halbverfallen niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnbeschienen;
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.

Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
- Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.




Theodor Storm




Photo copyright: Isabella Kramer


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Bienchen

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Foto mit freundlicher Genehmigung von Brigitte Lorenz




Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Ei, wir tun dir nichts zu leide,
Flieg nur aus in Wald und Heide!
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!

Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!
Such in Blüten, such in Blümchen
Dir ein Tröpfchen, dir ein Krümchen
Summ, summ, summ!
Bienchen summ herum!



von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, aus der Liedersammlung "Fünfzig Kinderlieder" von 1843 






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Der Weiher

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Er liegt so still im Morgenlicht,
So friedlich, wie ein fromm Gewissen;
Wenn Weste seinen Spiegel küssen,
Des Ufers Blume fühlt es nicht;
Libellen zittern über ihn,
Blaugoldne Stäbchen und Karmin,
Und auf des Sonnenbildes Glanz
Die Wasserspinne führt den Tanz;
Schwertlilienkranz am Ufer steht
Und horcht des Schilfes Schlummerliede;
Ein lindes Säuseln kommt und geht,
Als flüstre's: Friede! Friede! Friede! -



Annette von Droste-Hülshoff, 1797 - 1848






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Der Schmetterling

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Der Schmetterling ist in die Rose verliebt,
umflattert sie tausendmal,
ihn selber aber, goldig zart,
umflattert der liebende Sonnenstrahl.

Jedoch, in wen ist die Rose verliebt?
Das wüßt ich gar zu gern.
Ist es die singende Nachtigall?
Ist es der schweigende Abendstern?

Ich weiß nicht, in wen die Rose verliebt;
ich aber lieb euch all:
Rose, Schmetterling, Sonnenstrahl,
Abendstern und Nachtigall.





Heinrich Heine



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Auf der Eisenbahn

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Auf der Eisenbahn

Flieg' ich durch die weite Welt,
Oder fliegt vorüber
Mir die Welt jetzt sonnerhellt,
Und dann wieder trüber?

Berg und Thäler, Wald und Flur
Und die grünen Bäume,
Sie entfliehn, als weilt' ich nur
In dem Reich der Träume.

Als ob auf gemaltem Grund
Sie vorüberzögen,
Daß sie reich und farbenbunt
Nur das Leben lögen.

Also zeigt das Leben auch
Seine bunten Bilder,
Heut' getrübt von Sturmeshauch,
Morgen klar und milder.

Wandre drum getrosten Muth's
Deinen Weg durch's Leben,
Was bewegt heut', morgen ruht's
Alles wechselt eben.






Karl Stelter


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Der Taugenichts

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Die ersten Veilchen waren schon
Erwacht im stillen Tal;
Ein Bettelpack stellt' seinen Thron
In's Feld zum ersten Mal.
Der Alte auf dem Rücken lag,
Das Weib, das wusch am See;
Bestaubt und unrein schmolz im Hag
Das letzte Häuflein Schnee.

Der Vollmond warf den Silberschein
Dem Bettler in die Hand,
Bestreut' der Frau mit Edelstein
Die Lumpen, die sie wand;
Ein linder West blies in die Glut
Von einem Dorngeflecht,
Drauf kocht' in Bettelmannes Hut
Ein sündengrauer Hecht.

Da kam der kleine Betteljung',
Vor Hunger schwach und matt,
Doch glühend in Begeisterung
Vom Streifen durch die Stadt,
Hielt eine Hyazinthe dar
In dunkelblauer Luft;
Dicht drängte sich der Kelchlein Schar,
Und selig war der Duft.

Der Vater rief: Wohl hast du mir
Viel Pfennige gebracht?
Der Knabe rief: O sehet hier
Der Blume Zauberpracht!
Ich schlich zum goldnen Gittertor,
So oft ich ging, zurück,
Bedacht nur, aus dem Wunderflor
Zu stehlen mir dies Glück!

O sehet nur, ich werde toll,
Die Glöcklein alle an!
Ihr Duft, so fremd und wundervoll,
Hat mir es angetan!
O schlaget nicht mich armen Wicht,
Laßt euren Stecken ruh'n!
Ich will ja nichts, mich hungert nicht,
Ich will's nicht wieder tun!

O wehe mir geschlagnem Tropf!
Brach nun der Alte aus,
Mein Kind kommt mit verrücktem Kopf,
Anstatt mit Brot nach Haus!
Du Taugenichts, du Tagedieb
Und deiner Eltern Schmach!
Und rüstig langt er Hieb auf Hieb
Dem armen Jungen nach.

Im Zorn fraß er den Hecht, noch eh'
Der gar gesotten war,
Schmiß weit die Gräte in den See
Und stülpt' den Filz auf's Haar.
Die Mutter schmält' mit sanftem Wort
Den mißgeratnen Sohn,
Der warf die Blume zitternd fort
Und hinkte still davon.

Es perlte seiner Tränen Fluß,
Er legte sich ins Gras
Und zog aus seinem wunden Fuß
Ein Stücklein scharfes Glas.
Der Gott der Taugenichtse rief
Der guten Nachtigall,
Daß sie dem Kind ein Liedchen pfiff
Zum Schlaf mit süßem Schall.



Gottfried Keller

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