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Das Glück

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Das Glück

Hat wer von Glück gesprochen?
Ist gar ein schönes Wort,
Dem Ohr ist es verklungen,
Dem Herzen hallt es fort.

Wie eine holde Sage,
Vom Glauben fromm geweiht,
So wie ein reizend Märchen
Aus längst vergangner Zeit.

Es weckt so süße Ahnung
Wo es die Herzen traf,
Und wiegt auch große Kinder
Zuweilen noch in Schlaf.






Auguste Kurs, 1815 - 1892




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Weihnachtsglocken

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Weihnachtsglocken


O Winterwaldnacht, stumm und her,
mit deinen eisumglänzten Zweigen,
lautlos und pfadlos, schneelastschwer,-
wie ist das groß, dein stolzes Schweigen!

Es blinkt der Vollmond klar und kalt;
in tausend funkelharten Ketten
sind festgeschmiedet Berg und Wald,
nichts kann von diesem Baum erretten.

Der Vogel fällt, das Wild bricht ein,
der Quell erstarrt, die Fichten beben;
so ringt den großen Kampf ums Sein
ein tausendfaches banges Leben.

Doch in den Dörfern traut und sacht,
da läuten heut` zur Welt hinieden
die Weihnachtsglocken durch die Nacht
ihr Wunderlied - vom ew`gen Frieden. 




Karl Stieler, 1842-1885





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Weihnachten

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Weihnachten

Und wieder nun läßt aus dem Dunkeln
Die Weihnacht ihre Sterne funkeln!
Die Engel im Himmel hört man sich küssen
Und die ganze Welt riecht nach Pfeffernüssen ...

So heimlich war es die letzten Wochen,
Die Häuser nach Mehl und Honig rochen,
Die Dächer lagen dick verschneit
Und fern, noch fern schien die schöne Zeit.
Man dachte an sie kaum dann und wann.
Mutter teigte die Kuchen an
Und Vater, dem mehr der Lehnstuhl taugte,
Saß daneben und las und rauchte.
Da plötzlich, eh man sich's versah,
Mit einem Mal war sie wieder da.

Mitten im Zimmer steht nun der Baum!

Man reibt sich die Augen und glaubt es kaum ...
Die Ketten schaukeln, die Lichter wehn,
Herrgott, was giebt's da nicht alles zu sehn!
Die kleinen Kügelchen und hier
Die niedlichen Krönchen aus Goldpapier!
Und an all den grünen, glitzernden Schnürchen
All die unzähligen, kleinen Figürchen:
Mohren, Schlittschuhläufer und Schwälbchen,
Elephanten und kleine Kälbchen,
Schornsteinfeger und trommelnde Hasen,
Dicke Kerle mit rothen Nasen,
Reiche Hunde und arme Schlucker
Und Alles, Alles aus purem Zucker!

Ein alter Herr mit weißen Bäffchen
Hängt grade unter einem Äffchen.
Und hier gar schält sich aus seinem Ei
Ein kleiner, geflügelter Nackedei.
Und oben, oben erst in der Krone!!
Da hängt eine wirkliche, gelbe Kanone
Und ein Husarenleutnant mit silbernen Tressen –
Ich glaube wahrhaftig, man kann ihn essen!

In den offenen Mäulerchen ihre Finger,
Stehn um den Tisch die kleinen Dinger,
Und um die Wette mit den Kerzen
Puppern vor Freuden ihre Herzen.
Ihre großen, blauen Augen leuchten,
Indess die unsern sich leise feuchten.
Wir sind ja leider schon längst »erwachsen«,
Uns dreht sich die Welt um andre Achsen

Und zwar zumeist um unser Bureau.
Ach, nicht wie früher mehr macht uns froh
Aus Zinkblech eine Eisenbahn,
Ein kleines Schweinchen aus Marzipan.
Eine Blechtrompete gefiel uns einst sehr,
Der Reichstag interessiert uns heut mehr;
Auch sind wir verliebt in die Regeldetri
Und spielen natürlich auch Lotterie.
Uns quälen tausend Siebensachen.
Mit einem Wort, um es kurz zu machen,
Wir sind große, verständige, vernünftige Leute!

Nur eben heute nicht, heute, heute!

Über uns kommt es wie ein Traum,
Ist nicht die Welt heut ein einziger Baum,
An dem Millionen Kerzen schaukeln?
Alte Erinnerungen gaukeln
Aus fernen Zeiten an uns vorüber
Und jede klagt: Hinüber, hinüber!
Und ein altes Lied fällt uns wieder ein:
O selig, o selig, ein Kind noch zu sein!





Hermann Oscar Arno Alfred Holz, 1863 - 1929





Photo copyright: Isabella Kramer




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Weihnachtslied

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Weihnachtslied


Vom Himmel in die tiefsten Klüfte 
Ein milder Stern herniederlacht. 
Vom Tannenwalde steigen Düfte 
Und hauchen durch die Winterlüfte, 
Und kerzenhelle wird die Nacht. 

Mir ist das Herz so froh erschrocken, 
Das ist die liebe Weihnachtszeit! 
Ich höre fernher Kirchenglocken 
Mich lieblich heimatlich verlocken 
In märchenstille Herrlichkeit. 

Ein frommer Zauber hält mich wieder, 
Anbetend, staunend muß ich stehn; 
Es sinkt auf meine Augenlider 
Ein goldner Kindertraum hernieder, 
Ich fühl’s, ein Wunder ist gescheh’n.



Theodor Storm 





Photo copyright: 
Isabella Kramer



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Wenn die Weihnacht kommt

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Wenn die Weihnacht kommt



Wenn die Weihnacht kommt,
da werden Kinderaugen strahlen,
wird im Lichterglanz
der Christbaum stehen,
wird sich Freude in den Augen malen,
die sonst keine Freude sehn.

Wenn die Weihnacht kommt,
wird Glück und Eintracht walten,
auch in Häusern, die
kein Leid verschont,
wird der Friede seinen Einzug halten,
wo sonst Kampf und Sorge wohnt.

Wenn die Weihnacht kommt,
wird man vom Kind erzählen,
das in Bethlehem geboren ward.
Wenn die Weihnacht kommt,
wird mancher fehlen,
der durch Krieg und Tod verloren ward.

Wenn die Weihnacht kommt,
soll man sich fragen,
ob's nicht besser wär'
und nicht so schwer,
wenn der Friede nicht nur
an den Feiertagen,
sondern allezeit auf Erden wär'.

Wenn die Weihnacht kommt,
soll man gut hören
in sich selbst hinein wie im Gebet.
Wenn die Weihnacht kommt,
soll man sich schwören,
dass nie wieder Krieg und Hass aufsteht.


Max Dauthendey





Photo copyright: Isabella Kramer
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In den Bergen

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In den Bergen

Felsen in den Lüften oben,
Freut euch, daß ihr hoch erhoben
Über dieser Erde steht!
Daß vom lärmenden Getöse
Dieser nicht'gen Weltengröße
Kaum ein Nachhall zu euch weht.

Ferne von des Tages Mühen
Ragt ihr auf in reinem Glühen,
Wenn schon Nacht das Thal verhüllt.
Noch ist uns das Licht verborgen,
Wenn der Sonne Glanz am Morgen
Eurer Rosen Kelch erfüllt.

Stumm von Ewigkeit gethürmte,
Schnee- und wieder föhnumstürmte
Reicht ihr in den Äther hin! 
Eure Gipfel sind im Blauen,
Wenn zu Füßen auch die grauen
Dunkeln Wetterwolken zieh'n.




Martin Greif, 1839 - 1911






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Nikolaus

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Nikolaus


Bimmelt was die Straße lang,
kling und klang und kling und klang.
Hält ein Schlitten vor dem Tor
und ein Schimmel schnauft davor.

Aus dem Schlitten vor dem Haus
steigt der Nikolaus heraus.
Durch den Schnee stapft er daher
oh, wie ist sein Sack so schwer.

Braven Kindern in dem Haus
leert er seinen Sack wohl aus.
Kling und klang und kling und klang,
weiter geht's die Straße lang.



Verfasser unbekannt




Photo copyright: 
Isabella Kramer

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Der erste Schnee




Der erste Schnee 


Ei, du liebe, liebe Zeit,
ei, wie hat's geschneit, geschneit!
Rings herum, wie ich mich dreh',
nichts als Schnee und lauter Schnee.
Wald und Wiesen, Hof und Hecken,
alles steckt in weißen Decken.

Und im Garten jeder Baum,
jedes Bäumchen voller Flaum!
Auf dem Sims, dem Blumenbrett
liegt er wie ein Federbett.
Auf den Dächern um und um
nichts als Baumwoll' rings herum.

Und der Schlot vom Nachbarhaus,
wie possierlich sieht er aus:
Hat ein weißes Müllerkäppchen,
hat ein weißes Müllerjöppchen!
Meint man nicht, wenn er so raucht,
dass er just sein Pfeifchen schmaucht?

Und im Hof der Pumpenstock
hat gar einen Zottelrock
und die ellenlange Nase
geht schier vor bis an die Straße.
Und gar draußen vor dem Haus!
Wär' nur erst die Schule aus!

Aber dann, wenn' s noch so stürmt,
wird ein Schneemann aufgetürmt,
dick und rund und rund und dick,
steht er da im Augenblick.
Auf dem Kopf als Hut 'nen Tiegel
und im Arm den langen Prügel
und die Füße tief im Schnee
und wir rings herum, juhe!

Ei, ihr lieben, lieben Leut',
was ist heut' das eine Freud'!
Über dieses Gedicht




Friedrich Wilhelm Güll, 1812- 1879






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Der geheimnisvolle Nachen

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Der geheimnisvolle Nachen


Gestern Nachts, als Alles schlief,
Kaum der Wind mit ungewissen
Seufzern durch die Gassen lief,
Gab mir Ruhe nicht das Kissen,
Noch der Mohn, noch, was sonst tief
Schlafen macht, – ein gut Gewissen.

Endlich schlug ich mir den Schlaf
Aus dem Sinn und lief zum Strande.
Mondhell war’s und mild, – ich traf
Mann und Kahn auf warmem Sande,
Schläfrig beide, Hirt und Schaf: –
Schläfrig stiess der Kahn vom Lande.

Eine Stunde, leicht auch zwei,
Oder war’s ein Jahr? – da sanken
Plötzlich mir Sinn und Gedanken
In ein ew’ges Einerlei,
Und ein Abgrund ohne Schranken
That sich auf: – da war’s vorbei!

– Morgen kam: auf schwarzen Tiefen
Steht ein Kahn und ruht und ruht…
Was geschah? so rief’s, so riefen
Hundert bald: was gab es? Blut? – –
Nichts geschah! Wir schliefen, schliefen
Alle – ach, so gut! so gut!

Friedrich Wilhelm Nietzsche 



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Jetzt ist es Herbst

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Jetzt ist es Herbst



Jetzt ist es Herbst,
Die Welt ward weit,
Die Berge öffnen ihre Arme
Und reichen dir Unendlichkeit.
Kein Wunsch, kein Wuchs ist mehr im Laub,
Die Bäume sehen in den Staub,
Sie lauschen auf den Schritt der Zeit.

Jetzt ist es Herbst,
das Herz ward weit.
Das Herz, das viel gewandert ist,
Das sich vergnügt mit Lust und List,
Das Herz muß gleich den Bäumen lauschen
Und Blicke mit dem Staube tauschen.
Es hat geküßt, ahnt seine Frist,
Das Laub fällt hin, das Herz vergißt.




Max Dauthendey, 1867 - 1918








Photo copyright: Isabella Kramer


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Möwenlied

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Möwenlied

So fliege,
Du Möwe
Der Seele, hinaus
Und wiege
Dich höher
Und tiefer im Braus!

Es lebt sich 
Das Leben
Noch einmal so schön,
Wenns hebt sich
Und senkt sich
In Wonnen und Wehn.

Laß spritzen
Die Wogen,
Laß schäumen die Gischt,
Kommts blitzend
Geflogen,
Hei wie das erfrischt!

Und wills dich
Verstimmen,
Wenn Sumpfvögel schrein,
So wirf dich 
Zum Schwimmen
In offene Meere hinein!

So fliege,
Du Möwe
Der Seele, hinaus,
Und wiege
Dich höher
Und wage dich tiefer im wogenden Braus!




Karl Friedrich Henckell 




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Nacht

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Nacht

Nacht ist schon hereingesunken,
Schließt sich heilig Stern an Stern,
Große Lichter, kleine Funken
Glitzern nah und glänzen fern;
Glitzern hier im See sich spiegelnd,
Glänzen droben klarer Nacht,
Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd
Herrscht des Mondes volle Pracht.




Johann Wolfgang von Goethe




Photo copyright: 
Isabella Kramer

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Herbsttag

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Herbsttag

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.







Rainer Maria Rilke, 1875 - 1926


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Mit einer Handlaterne

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Laterne, Laterne!
Sonne, Mond und Sterne,
Die doch sonst am Himmel steh'n,
Lassen heut sich nimmer sehn.

Zwischen Wasserreih und Schloß
Ist die Finsternis so groß,
Gegen Löwen rennt man an,
Die man nicht erkennen kann!

Kleine freundliche Latern',
Sei du Sonne nun und Stern:
Sei noch oft der Lichtgenoß
Zwischen Wasserreih und Schloss
Oder - dies ist einerlei -
Zwischen Schloss und Wasserreih!




Theodor Storm, 1817 - 1888










Dieses Gedichte schickte Storm Weihnachten 1874 an die Frau des befreundeten Landrats Graf zu Reventlow in Husumer Schloss. Storm und die Landrätin hatten abgemacht, sich gegenseitig eine Handlaterne zu schenken, weil es wirklich "ein halsbrecherischer Weg" war von der Wasserreihe zum Schloss und umgekehrt. (Anmerkung Storms zu den "Löwen": "Steinerne am Portal des Schlosses")

Gemälde - Ferdinand du Puigaudeau "Bretonische Mädchen" (1864-1930)



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Herbstwald - Pantum

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Herbstwald - Pantum

Pilzduftend, grüne Räume
Waldpfade locken moosweich
herbstlichtgemalte Träume
goldblattgetupft der Moorteich

Waldpfade locken moosweich
horch, hat dort nicht ein Elf gelacht
goldblattgetupft der Moorteich
die Spinnenfrau ihr Netz bewacht

horch, hat dort nicht ein Elf gelacht?
Farnwedel tanzen träge
die Spinnenfrau ihr Netz bewacht
und Brombeerduft säumt Wege

Farnwedel tanzen träge
Pilzduftend, grüne Räume
und Brombeerduft säumt Wege
herbstlichtgemalte Träume



veredit©03.10.10







Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 
Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de



Photo copyright: Isabella Kramer
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Das Efeu spricht

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Das Efeu spricht:


Mein Blüh'n wird nicht
Vom Farbenschmuck verklärt,
Bin zäh und schlicht
Und halt' mich dicht
Zum Stamm, der mich ernährt.
Doch Sommers grün
Und Winters grün
Und grün in's späte Alter,
Freut mehr denn glüh'n,
Buntfarbig sprüh'n
Und sterben mit dem Falter.




Joseph Victor von Scheffel, 1826 - 1886






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Der Herbsthund

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Der Herbsthund


Der Herbsthund, der im Walde lebt
– Aus lauter dürrem Laub sein Fell –
Er füllt, wenn Blatt um Blatt verschwebt,
Die Luft mit heiserem Gebell.

Er sitzt und kläfft die Bäume an,
Bis jeder ihm sein Laub beläßt,
Und springt in seinem irren Wahn
Von Nord nach Süd, von Ost nach West.

Der Herbsthund, der im Walde wohnt,
Er heult oft fort die ganze Nacht,
Indeß sein bleicher Freund, der Mond,
Durch immer kahlres Astwerk lacht.

Und wer den Herbsthund je gesehn,
Dem wird nicht wohl mehr auf der Welt:
Er muß durch welke Blätter gehn,
Bis ihm der Hund des Todes bellt.






Ludwig Scharf, 1864 - 1938




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Oktoberlied

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Oktoberlied

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!

Und wimmert auch einmal das Herz –
Stoß an und laß es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.

Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!

Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.

Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!




Theodor Storm, 1817 - 1888





Photo copyright: Isabella Kramer

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Der Mond

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Der Mond 



Der Mond. Dies Wort so ahnungsreich,
So treffend, weil es rund und weich –
Wer wäre wohl so kaltbedächtig,
So herzlos, hart und niederträchtig,
Daß es ihm nicht, wenn er es liest,
Sanftschauernd durch die Seele fließt? –



Wilhelm Busch, 1832 - 1908












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Die Katzen

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Die Katzen


Sie sind sehr kühl und biegsam, wenn sie schreiten,
Und ihre Leiber fließen sanft entlang.
Wenn sie die blumenhaften Füße breiten,
Schmiegt sich die Erde ihrem runden Gang.

Ihr Blick ist demuthaft und manchmal etwas irr.
Dann spinnen ihre Krallen fremde Fäden,
Aus Haar und Seide schmerzliches Gewirr,
Vor Kellerstufen und zerbrochnen Läden.

Im Abend sind sie groß und ganz entrückt,
Verzauberte auf nächtlich weißen Steinen,
In Schmerz und Wollust sehnsuchtskrank verzückt
Hörst du sie fern durch deine Nächte weinen.





Maria Luise Weissmann, 1899 - 1929






Katzenaquarell ©isabella.kramer www.veredit-art.blogspot.de


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Nur eine Stunde im grünen Wald

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Nur eine Stunde von Menschen fern,
Nur eine einzige Stunde!
Statt der tönenden Worte des Waldes Schweigen,
Statt des wirbelnden Tanzes der Elfen Reigen,
Statt der leuchtenden Kerzen den Abendstern,
Nur eine Stunde von Menschen fern!

Nur eine Stunde im grünen Wald,
Nur eine einzige Stunde!
Auf dem schwellenden Rasen umhaucht von Düften,
Gekühlt von den reinen balsamischen Lüften,
Wo von ferne leise das Echo schallt,
Nur eine Stunde im grünen Wald!

Nur eine Stunde im grünen Wald,
Nur eine einzige Stunde!
Wo die Halme und Blumen sich flüsternd neigen,
Wo die Vögel sich wiegen auf schwankenden Zweigen,
Wo die Quelle rauscht aus dem Felsenspalt,
Nur eine Stunde im grünen Wald!





Auguste Kurs, 1815 -1892





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Wer klappert von dem Turme

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Wer klappert von dem Turme 
Seltsamen Gruß mir? horch! 
Das ist in seinem Neste 
Mein alter Freund, der Storch. 

Er rüstet sich zur Reise 
Weit über Land und See, 
Der Herbst kommt angezogen, 
Drum sagt er uns Ade!

Hast recht, daß du verreisest, 
Bei uns wird's kahl und still, 
Grüß mir das Land Italien 
Und auch den Vater Nil.

Es werde dir im Süden 
Ein besser Mahl zuteil, 
Als deutsche Frösch' und Kröten, 
Maikäfer und Langweil'!

Behüt' dich Gott, du Alter, 
Mein Segen mit dir zieht, 
Du hast in stillen Nächten 
Oftmals gehört mein Lied.

Und wenn du nicht zufällig 
Im Nest verschlafen bist, 
So hast du auch gesehen, 
Wie sie mich einst geküßt.

Doch schwatz nicht aus der Schule, 
Schweig still, alter Kumpan! 
Was geht die Afrikaner 
Die Lieb' am Rheine an?




Joseph Victor von Scheffel



Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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Ein Maulwurf

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Ein Maulwurf


Die laute Welt und ihr Ergötzen
Als eine störende Erscheinung
Vermag der Weise nicht zu schätzen.
Ein Maulwurf war der gleichen Meinung.
Er fand an Lärm kein Wohlgefallen,
Zog sich zurück in kühle Hallen
Und ging daselbst in seinem Fach
Stillfleißig den Geschäften nach.
Zwar sehen konnt’ er da kein bissel,
Indessen sein getreuer Rüssel,
Ein Nervensitz voll Zartgefühl,
Führt sicher zum erwünschten Ziel.
Als Nahrung hat er sich erlesen
Die Leckerbissen der Chinesen,
Den Regenwurm und Engerling,
Wovon er vielfach fette fing.
Die Folge war, was ja kein Wunder,
Sein Bäuchlein wurde täglich runder,
Und wie das häufig so der Brauch,
Der Stolz wuchs mit dem Bauche auch.
Wohl ist er stattlich von Person
Und kleidet sich wie ein Baron,
Nur schad, ihn und sein Sammetkleid
Sah niemand in der Dunkelheit.
So trieb ihn denn der Höhensinn
Von unten her nach oben hin,
Zehn Zoll hoch oder gar noch mehr,
Zu seines Namens Ruhm und Ehr
Gewölbte Tempel zu entwerfen
Und denen draußen einzuschärfen,
Daß innerhalb noch einer wohne,
Der etwas kann, was nicht so ohne.
Mit Baulichkeiten ist es mißlich.
Ob man sie schätzt, ist ungewißlich.
Ein Mensch von anderm Kunstgeschmacke,
Ein Gärtner, kam mit einer Hacke.
Durch kurzen Hieb nach langer Lauer
Zieht er ans Licht den Tempelbauer
Und haut so derb ihn übers Ohr,
Daß er den Lebensgeist verlor.
Da liegt er nun, der stolze Mann.
Wer tut die letzte Ehr ihm an?
Drei Käfer, schwarz und gelb gefleckt,
Die haben ihn mit Sand bedeckt.




Wilhelm Busch, 1832-1908










Foto: Mick E. Talbot/Wikimedia Commons/Lizenz: CC BY-SA 3.0


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Der fliegende Holländer

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Der fliegende Holländer

Zwei plaudernde Gesellen
Im Kahn, im flügelschnellen.
Schon stieg aus sanften Wellen
Die Nacht, die milde Fei.

— Was war's? — Was huscht von hinnen?
Ein Schiff mit schwarzen Linnen
— Kein Schiffer saß darinnen —
Glitt unserm Boot vorbei.

Vom Schiff her kam ein Singen
Auf weichen, dunklen Schwingen,
Ein längst vertrautes Klingen,
Wie fremd die Weise sei.

Verklingen und Entschwinden —!
Wer sucht, um uns zu finden? - -
Auf Wellen floß und Winden
Das Schweigen still herbei.



Otto Ernst (1862 - 1926)









Gemälde: "The Flying Dutchman" von Charles Temple Dix (1838 - 1873) Wikimedia Commons

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Augen in der Großstadt (1930)

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Augen in der Großstadt (1930)

Wenn du zur Arbeit gehst
am frühen Morgen,
wenn du am Bahnhof stehst
mit deinen Sorgen:
da zeigt die Stadt
dir asphaltglatt
im Menschentrichter
Millionen Gesichter:
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? vielleicht dein Lebensglück…
vorbei, verweht, nie wieder. 

Du gehst dein Leben lang
auf tausend Straßen;
du siehst auf deinem Gang, die
dich vergaßen.
Ein Auge winkt,
die Seele klingt;
du hast’s gefunden,
nur für Sekunden…
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das? Kein Mensch dreht die Zeit zurück…
Vorbei, verweht, nie wieder. 

Du mußt auf deinem Gang
durch Städte wandern;
siehst einen Pulsschlag lang
den fremden Andern.
Es kann ein Feind sein,
es kann ein Freund sein,
es kann im Kampfe dein
Genosse sein.
Er sieht hinüber
und zieht vorüber …
Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick,
die Braue, Pupillen, die Lider -
Was war das?
Von der großen Menschheit ein Stück!
Vorbei, verweht, nie wieder.






Kurt Tucholsky (1890-1935)






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Katzenjammer

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Katzenjammer

O die Menschen tun uns unrecht,
Und den Dank such' ich vergebens,
Sie verkennen ganz die feinern
Saiten unsers Katzenlebens.

Und wenn einer schwer und schwankend
Niederfällt in seiner Kammer,
Und ihn morgens Kopfweh quälet,
Nennt er's einen Katzenjammer.

Katzenjammer, o Injurie!
Wir miauen zart im Stillen,
Nur die Menschen hör' ich oftmals
Graunhaft durch die Straßen brüllen.

Ja, sie tun uns bitter unrecht,
Und was weiß ihr rohes Herze
Von dem wahren, tiefen, schweren,
Ungeheuren Katzenschmerze?





Joseph Victor von Scheffel, 1826 - 1886
Quelle: »Der Trompeter von Säckingen. Lieder des Katers Hiddigeigei«, 1854




Photo copyright: Isabella Kramer
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An der Saale hellem Strande

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An der Saale hellem Strande

An der Saale hellem Strande
stehen Burgen stolz und kühn
Ihre Dächer sind zerfallen,
und der Wind streicht durch die Hallen,
Wolken ziehen d´rüber hin.

Zwar die Ritter sind verschwunden,
Nimmer klingen Speer und Schild;
Doch dem Wandersmann erscheinen
In den altbemoosten Steinen
Oft Gestalten zart und mild.

Droben winken schöne Augen,
Freundlich lacht manch roter Mund,
Wand'rer schaut wohl in die Ferne,
Schaut in holder Augen Sterne,
Herz ist heiter und gesund

Und der Wand´rer zieht von dannen
Denn die Trennungsstunde ruft
Und er singet Abschiedslieder
Lebewohl tönt ihm hernieder
Tücher wehen in der Luft.





- Franz Kugler

Text eines Volksliedes 1862 verfasst auf der Rudelburg;
das obige Foto (©isabella.kramer) zeigt die Bernburg, eine der vielen sehr alten Burgen an der Saale



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Nachthimmel und Sternenfall

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Nachthimmel und Sternenfall



Der Himmel, groß, voll herrlicher Verhaltung,
ein Vorrat Raum, ein Übermaß von Welt.
Und wir, zu ferne für die Angestaltung,
zu nahe für die Abkehr hingestellt. 

Da fällt ein Stern! Und unser Wunsch an ihn,
bestürzten Aufblicks, dringend angeschlossen:
Was ist begonnen, und was ist verflossen?
Was ist verschuldet? Und was ist verziehn? 



Rainer Maria Rilke (1875-1926)













Foto von Wikimedia Commons - Autor Kim MyoungSung





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Kornrauschen

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Kornrauschen

Bist du wohl im Kornfeld schon gegangen,
wenn die vollen Ähren überhangen,
durch die schmale Gasse dann inmitten
schlanker Flüsterhalme hingeschritten?

Zwang dich nicht das heimelige Rauschen,
stehn zu bleiben und darein zu lauschen?
Hörtest du nicht aus den Ähren allen
wie aus weiten Fernen Stimmen hallen?

Klang es drinnen nicht wie Sichelklang?
Sang es drinnen nicht wie Schnittersang?
Hörtest nicht den Wind du aus den Höhn
lustig sausend da sie Flügel drehn?

Hörtest nicht die Wasser aus den kühlen
Tälern singen du von Rädermühlen?
Leis, ganz leis nur hallt das und verschwebt,
wie im Korn sich Traum mit Traum verwebt,

in ein Summen wie von Orgelklingen,
drein ihr Danklied die Gemeinden singen.
Rückt die Sonne dann der Erde zu,
wird im Korne immer tiefre Ruh',

und der liebe Wind hat's eingewiegt,
wenn die Mondnacht schimmernd drüber liegt.
Wie von warmem Brot ein lauer Duft
zieht mit würz'gen Wellen durch die Luft.




Ferdinand Ernst Albert Avenarius, 1856 - 1923



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Für und für

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Für und für

Im ersten matten Dämmer thront
Der blasse, klare Morgenmond.

Den Himmel färbt ein kühles Blau,
Der Wind knipst Perlen ab vom Tau.

Der Friede zittert: ungestüm
Reckt sich der Tag, das Ungetüm,

Und schüttelt sich und brüllt und beißt
Und zeigt uns so, was leben heißt.

Die Sonne hat den Lauf vollbracht,
Und Abendröte, Mitternacht.

Im ersten matten Dämmer thront
Der blasse, klare Morgenmond.

Und langsam frißt und frißt die Zeit
Und frißt sich durch die Ewigkeit.






Detlef von Liliencron, 1844 - 1909



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Der goldene Tod

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Der goldene Tod


Kein Wind im Segel, die See liegt still –
kein Fisch doch, der sich fangen will!
So ziehen die Netze sie wieder herein
und murren, schelten und fluchen drein.
Da neben dem Kutter wird's heller und licht
wie weißliches Haar, wie ein Greisengesicht,
und ein triefendes Haupt taucht auf aus der Flut:
»Ei, drollige Menschlein, ich mein's mit euch gut –

Ich gönn' euch von meiner Herde ja viel,
doch heut ist mein Jüngster als Fisch beim Spiel,
den mußt' ich doch hüten, ich alter Neck,
drum jagt ich sie all miteinander weg –
doch schickt ihr den Jungen mir wieder nach Haus,
so werft nur noch einmal das Fangzeug aus:
Der schönste ist mein Söhnchen klein,
das übrige mag euer eigen sein!«

Hei, flogen die Netze jetzt wieder in See!
Ho, kaum, daß ihr' Lasten sie brachten zur Höh'!
Wie lebende Wellen, so fort und fort
von köstlichen Fischen, so quoll's über Bord.
Und patscht und schnappt und zappelt und springt –
und bei den Fischern, da tollt's und singt.
Nun plötzlich blitzt es – seht: es rollt
ein Fisch über Bord von lauterem Gold!

Eine jede Schuppe ein Geldesstück!
Wie edelsteinen, so funkelt's im Blick!
Die Kiemen sind aus rotem Rubin,
Perlen die Flossen überziehn,
mit eitel Demanten besetzt, so ruht
auf seinem Häuptlein ein Krönchen gut,
und fürnehm wispert's vom Schnäuzlein her:
»Ich bin Prinz Neck, laßt mich ins Meer!«

Den Fang ins Meer? Sie rühren ihn an,
die Fischer, und tasten und stieren ihn an.
»Laßt mich ins Meer!« Sie hören nicht drauf.
»Laßt mich ins Meer!« Sie lachen nur auf.
Sie wägen das goldene Prinzlein ab,
sie schätzen's und klauben ihm Münzlein ab –
Wie wiegt das voll, wie gleißt das hold!
Sie denken nichts weiter, – sie denken nur Gold.

Und seht: ein Goldschein überfliegt
jetzt alles, was von Fisch da liegt,
und wandelt's, daß es klirrt und rollt:
Seht all die Fische werden Gold!
Sinkt das Schiff von blitzender Last?
»Schaufelt, was die Schaufel faßt!«...
Wie lustiges Feuerwerk sprüht das umher –
dann rauscht über alles zusammen das Meer.



Ferdinand Avenarius, 1856 - 1923 






Photo copyright: Isabella Kramer

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