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Der Reif

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Der Reif ist ein geschickter Mann:
O seht doch, was er alles kann!
Er haucht nur in den Wald hinein,
Wie ist verzuckert schön und fein
Ein jeder Zweig und Busch und Strauch
Von seinem Hauch!

Wie schnell es ihm von Händen geht!
Kein Zuckerbäcker das versteht.
Und alles fein und silberrein,
Wie glänzt es doch im Sonnenschein!
Wär' alles doch nur Zucker auch
Von seinem Hauch!

Doch nein, wir sind schon sehr erfreut,
Dass uns der Reif so Schönes beut.
O Winter, deinen Reif auch gib,
Uns ist auch Augenweide lieb,
Und ohne Duft und Frühlingshauch
Freu'n wir uns auch.
 
 
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 
 
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Weihnachtszeit

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Wunder schafft die Weihnachtszeit.
Vor dem Dorf, darin verschneit
Jeder Hof und jedes Haus,
Vogelbeerbaum, Nacht für Nacht
Hundert Lichtlein trägt, entfacht,
Die da leuchten weit hinaus.
Achtet seiner Herrlichkeit
Niemand auch im Wintergraus,
Bläst der Wind doch keins ihm aus,
Alle strahlen dicht gereiht -
Wunder schafft die Weihnachtszeit.



Martin Greif, 1839 - 1911



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Lied des Nussknackers

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Lied des Nussknackers


"König Nussknacker, so heiss ich.
Harte Nüsse, die zerbeiss' ich.
Süsse Kerne schluck' ich fleissig;
doch die Schalen, ei! die schmeiss' ich
lieber Andern hin,
weil ich König bin.
Aber seid nicht bang!
Zwar mein Bart ist lang,
und mein Kopf ist dick
und gar wild der Blick;
doch was tut denn das?
Tu' kein'm Menschen was;
bin im Herzensgrund,
trotz dem grossen Mund,
ganz ein guter Jung',
lieb' Veränderung;
amüsir' mich gern
wie die grossen Herrn;
Arbeit wird mir schwer
und dann mag ich sehr
frommen Kindersinn
weil ich König bin."



Heinrich Hoffmann, 1809 - 1894




Photo copyright: 
Isabella Kramer
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Der Gesang im Ofen

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Wer sang in meinem Ofen
Heut nacht so wunderbar,
Wie nie ein andres Singen
Mir herzergreifend war?

Lang war’s, als säng’ in Flammen
Unsel’ger Geister Chor,
Dann aber sang’s in Worten
So tönend meinem Ohr:

Du forschest, was so singet
In deines Ofens Raum.
Ich bin’s, der Ast von einem
Gefällten Tannenbaum.

Vom Baume, der geschnitten
Schon längst in Bretter breit,
Der Schreiner hobelt singend:
»Mach, Alter, dich bereit!«

So sang es kurz in Worten,
In Tönen doch noch lang,
Bis mich in Schlaf und Träume
Einlullte der Gesang.

Justinius Kerner

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von Weihnachtsmäusen

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Von Weihnachtsmäusen


von Weihnachtsmäusen
schrieb James Krüss*,
entlarvte ihre Spuren.
Advent ist ihre Hochsaison
exakt, wie Schweizer Uhren.


Nie sah man sie von Angesicht,
einzig die Nagereste.
So zahlreich ihre Gattung ist,
so heimlich ihre Feste.


Sie gibt es nur zur Weihnachtszeit
in Stuben, Küchen, Kellern,
mit Keksen, Kringeln, Schokowerk.
 Man sieht‘s an leeren Tellern.


Der Dichter wusste wohl Bescheid,
bestimmt aus der Erfahrung.
Sah er die Maus? Er sagt es nicht.
denn Fantasie braucht Nahrung …







veredit©Isabella Kramer 2011






Safe Creative #1112040664063



 * "Die Weihnachtsmaus" ist ein Gedicht von James Krüss

Aquarell Isabella Kramer

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Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de



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Schlechtes Wetter

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Liese, es regnet Seile;
Ich sterbe vor Langerweile.
Ich glaube, die Blasen schwimmen dort -
Jetzt regnet's vier Wochen immer so fort.

Ich sollte der liebe Gott mal sein.
Da gäb' es Regen bloß bei Nacht,
Und immer wär' es Sonnenschein,
Wenn ich im Bett wär' aufgewacht.



von Victor Blüthgen

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Vorweihnacht

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Bald ist Weihnacht, wie freu' ich mich drauf, 
da putzt uns die Mutter ein Bäumlein schön auf; 
es glänzen die Äpfel, es funkeln die Stern', 
wie hab'n wir doch alle das Weihnachtsfest gern. 

Volksgut 
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Es ist Advent!

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Die Blumen sind verblüht im Tal,
Die Vöglein heimgezogen;
Der Himmel schwebt so grau und fahl,
Es brausen kalt die Wogen.
Und doch nicht Leid im Herzen brennt:
Es ist Advent!

Es zieht ein Hoffen durch die Welt,
Ein starkes, frohes Hoffen;
Das schließet auf der Armen Zelt
Und macht Paläste offen;
Das kleinste Kind die Ursach kennt:
Es ist Advent!

Advent, Advent, du Lerchensang
Von Weihnachtsfrühlingstunde!
Advent, Advent, du Glockenklang
Vom neuem Gnadenbunde!
Du Morgenstrahl von Gott gesendt!
Es ist Advent.






Friedrich Wilhelm Kritzinger, 1816-1890


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Herbst

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Zu Golde ward die Welt;
zu lange traf
der Sonne süßer Strahl
das Blatt, den Zweig.
Nun neig
dich, Welt, hinab
Bald sinkt's von droben dir
in flockigen Geweben
verschleiernd zu -
und bringt dir Ruh,
o Welt,
o dir, zu Gold geliebtes Leben,
Ruh.





von Christian Morgenstern,  1871-1914

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Novembertag

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Novembertag

Geht ein sonnenloser Tag
wiederum zur Neige,
und der graue Nebel tropft
durch die kahlen Zweige.

Leise atmend ruht die See,
müde, traumumsponnen . . .
eine Woge, schaumgekrönt,
ist im Sand zerronnen.





von Clara Müller-Jahnke, 1860-1905







Photo copyright: Isabella Kramer

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Kinderfest im Herbst

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Doch ehe der Herbst uns ganz verlässt,
So bringt er uns noch ein Kinderfest:
Sobald es Abend, zieh'n wir aus
Und wandern singend von Haus zu Haus,

Und bitten dem heiligen Martin zu Ehren
Uns kleinen Kindern was zu bescheren.
Da reicht man uns Äpfel und Nüsse dar,
Zuweilen auch Honigkuchen sogar.

Wir sprechen unsern Dank dafür aus
Und wandern dann in ein anderes Haus.
Nun lasst uns heute singen auch
Wie's ist am Martinstag der Brauch!





Gedicht von: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874

Bild von: Ferdinand du Puigaudeau (1864-1930) von wikimedia commons


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Klage um den kleinen Jakob

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Wo ist der kleine Jakob geblieben?
Hatte die Kühe waldein getrieben,
Kam nimmer wieder,
Schwestern und Brüder
Gingen ihn suchen in'n Wald hinaus –
Kleiner Jakob, kleiner Jakob, komm' zu Haus!

Wohin ist der kleine Jakob gegangen?
Hat ihn ein Unterird'scher gefangen,
Muß unten wohnen,
Trägt goldne Kronen,
Gläserne Schuh, hat ein gläsern Haus.
Kleiner Jakob, kleiner Jakob, komm' zu Haus!

Was macht der kleine Jakob da unten?
Streuet als Diener das Estrich mit bunten
Blumen und schenket
Wein ein, und denket:
Wärest du wieder zum Wald hinaus!
Kleiner Jakob, kleiner Jakob, komm' zu Haus!

So muß der kleine Jakob dort wohnen,
Helfen ihm nichts seine güldenen Kronen,
Schuhe und Kleider,
Weinet sich leider –
Ach! armer Jakob! – die Äuglein aus.
Kleiner Jakob, kleiner Jakob, komm' zu Haus!



Ernst Moritz Arndt


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Der Gaul

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Es läutet beim Professor Stein.
Die Köchin rupft die Hühner.
Die Minna geht: Wer kann das sein?-
Ein Gaul steht vor der Türe.

Die Minna wirft die Türe zu.
Die Köchin kommt: Was gibts denn?
Das Fräulein kommt im Morgenschuh.
Es kommt die ganze Familie.

"Ich bin, verzeihn Sie", spricht der Gaul,
"der Gaul vom Tischler Bartels.
Ich brachte Ihnen dazumaul
die Tür- und Fensterrahmen!"

Die vierzehn Leute samt dem Mops,
sie stehen, als ob sie träumten.
Das kleinste Kind tut einen Hops,
die andern stehn wie Bäume.

Der Gaul, da keiner ihn versteht,
schnalzt bloß mal mit der Zunge,
dann kehrt er still sich ab und geht
die Treppe wieder hinunter.

Die dreizehn schaun auf ihren Herrn,
ob sprechn er nicht möchte.
"Das war", spricht Professor Stein,
"ein unerhörtes Erlebnis!" ...





Christian Morgenstern


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Das Geheimnis des Traumes

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Kann ich von den tausend Sternen,
Die des Nachts am Himmel stehn,
All die vielen Namen lernen,
Ehe sie am Tag vergehn?

Ach, ich weiß auch von den Bäumen
Nur so ab und zu ein Wort,
Und sogar in meinen Träumen
Ist ein namensloser Ort.

Aber muss ich alles kennen,
Um mit Lust dabei zu sein? -
Sterne dürft ihr gern benennen,
Doch die Träume bleiben mein.

Wenn die Wolken sie verhüllen,
Manchen Stern, sogar den Baum,
Wird er trotzdem mich erfüllen,
Mein geheimnisvoller Traum.




von Paul Spinger



- mehr auf seiner wundervollen Webside "Paul Spinger - Lyrik und Germanistik"

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Mein Kind, wir waren Kinder

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XXXVIII

Mein Kind, wir waren Kinder,
Zwei Kinder, klein und froh;
Wir krochen ins Hühnerhäuschen,
Versteckten uns unter das Stroh.

Wir krähten wie die Hähne,
Und kamen Leute vorbei -
Kikereküh! sie glaubten,
Es wäre Hahnengeschrei.

Die Kisten auf unserem Hofe
Die tapezierten wir aus,
Und wohnten drin beisammen,
Und machten ein vornehmes Haus.

Des Nachbars alte Katze
Kam öfters zum Besuch;
Wir machten ihr Bückling und Knickse
Und Komplimente genug.

Wir haben nach ihrem Befinden
Besorglich und freundlich gefragt;
Wir haben seitdem dasselbe
Mancher alten Katze gesagt.

Wir saßen auch oft und sprachen
Vernünftig, wie alte Leut
Und klagten, wie alles besser
Gewesen zu unserer Zeit;

Wie Lieb und Treu und Glauben
Verschwunden aus der Welt,
Und wie so teuer der Kaffee,
Und wie so rar das Geld! - - -

Vorbei sind die Kinderspiele,
Und Alles rollt vorbei -
Das Geld und die Welt und die Zeiten,
Und Glauben und Lieb und Treu.




Heinrich Heine, Buch der Lieder (Gedichte) 1817 - 1826



Photo copyright: Isabella Kramer
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Bei den Eichelelfen

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Bei den Eichelelfen


Tollkühn sind die Eichelelfen!
Einer will den anderen toppen,
um mit kunstgerechten Sprüngen
möglichst kräftig aufzuploppen.

Vierfach Salto – Blopp, Peng, Bitsch
höchst gewagte Pirouetten.
Vor dem kalten Bad im Teich,
kann nur noch ein Hopser retten.

Hüte segeln durch die Luft,
manche springen auch zu zweit,
denn das bringt gleich doppelt Freude,
fliegt man auch nur halb so weit.

Ganz famos ist Autoditschen.
Wer den Dreh kennt, ist fein raus.
Jeder Plong auf Windschutzscheiben
erntet kräftigen Applaus.

Doch am meisten zählt der Spaß,
den das Herbstspiel allen macht.
Wenn du leis‘ bist, kannst du hören,
wie ein Eichelelfchen lacht.








veredit©isabella.kramer 2008



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Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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Der Pfau

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Der Pfau  

Es stellt der Pfau im Prachtornat
Sich vor dem Vögelchore, —
Und hätt' er rothe Strümpfe an,
So war' er Monsignore.
Und schritt er vor den andern erst
Daher auf rothen Sohlen,
So thät  aus ihrem Futter er
Wohl gar den Zehent holen.
Sie müßten dann beim Hochamt ihm
Demüthig ministriren:
Bei der Capelle soll der Specht
Den Tacktstock rüstig führen.
Der Dompfaff kriegte seinen Theil,
Noch mehr die schwarze Krähe,
Der lange Storch, der würd' Hatschier *,
Daß er zur Ordnung sehe.
Doch ach! Die ganze Herrlichkeit
Sie kann nicht recht gedeihen,
Die Ursach' ist, daß rothe Strumpf'
Ihm Gott nicht will verleihen.





von Adolf Pichler, 1819 - 1900


... aus der Sammlung Arabesken



Photo copyright: Isabella Kramer



Erläuterung von wikipedia ... Hartschier
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Das große Karussel

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Das große Karussel


Im Himmel ist ein Karussell,
Das dreht sich Tag und Nacht.
Es dreht sich wie im Traum so schnell,
Wir sehn es nicht, es ist zu hell
Aus lauter Licht gemacht;
Still, mein Wildfang, gib acht!

Gib acht, es dreht die Sterne, du,
Im ganzen Himmelsraum.
Es dreht die Sterne ohne Ruh
Und macht Musik, Musik dazu,
So fein, wir hören's kaum;
Wir hören's nur im Traum.

Im Traum, da hören wir's von fern,
Von fern im Himmel hell.
Drum träumt mein Wildfang gar so gern,
Wir drehn uns mit auf einem Stern;
Es geht uns nicht zu schnell,
Das große Karussell.





Richard Fedor Leopold Dehmel







Photo copyright: Isabella Kramer



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Die Heide

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Über die Heide im Sonnenstrahl
Lief ich als Bub viel hundertmal,
Meinen Drachen am drahtharten Stricke,
Lief mit rückwärts gewendetem Blicke
Glühend im jubelnden Bubenglücke.

Was die Heide nicht alles kann!
Komm' heut' zurück als aufrechter Mann:
Kaum, daß die Füße die Heide berühren,
Kaum, daß die Sohlen die Heide verspüren,
Fühl' ich den Buben den Mann verführen!

Stürm' schon, wie einst, übers Heideland,
Halt' einen Sonnenstrahl fest in der Hand;
Mag sich das Wölkchen noch so sperren
Und am knatternden Faden zerren,
O, ich zeig' meinem Drachen den Herren!

Und es folgt mir! Ich stürme dahin,
Jung, weil ich wieder zu Hause bin,
Jung und stark und nicht zu zähmen!
Wenn nur die andern Buben schon kämen!
Wagt's nur, wagt's mit mir aufzunehmen!









Hugo Salus, 1866 - 1929


Picture: Carl Spitzweg: Drachensteigen / Flying kites, c. 1880–1885 Oil on cardboard, 38 x 12 cm Gallery: Alte Nationalgalerie Berlin, A I 1033

Gesang einer Nymphe

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befreit - im kasten -
schaue ich in die ferne
atme einsamkeit

vor dem unwetter
vibriert die luft - nicht spürbar
im käfig aus glas

unsicher bin ich
nur in den balken der wind
säuselt und flüstert

aufpeitscht das wasser
nymphen des meeres streiten
im tanz mit göttern

die wellen tosen
springen spritzen hüpfen hoch
und du sitzt ganz still

wie sie sich wiegen
im schaum die meerjungfrauen
silbrig-blau glitzernd

töchter nereus'
durchkichern sie die wasser
an poseidons leib

du fasst dir ins haar
feucht - wie deine weiße haut -
der gischt entkommen...




Gabriele Brunsch© 2009

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Weißt du wohin deine Katze geht?

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Weißt du wohin deine Katze geht?










Weißt du
wohin deine Katze geht
wenn du dich umdrehst?

Wenn sie dir am Morgen
... auf dem Bauch liegt,
was sie da auf katzisch denkt
und die ganze Welt vibrierend
weiter dreht
und du dich nicht zu rühren
traust -
weißt du's?

Weißt du
wen sie jagt im Schlaf
wenn ihre Tatzen zucken
und du mitunter fragst -
bin ichs - bin ichs nicht?

Und wen immer sie meint
wenn sie um die Beine dir streicht
und drückt und herzerweichend
maunzt -
bist du's oder nur der Käse in deiner Hand -
ganz Katzenart,
weißt du's?

Da, wo du bist,
kann leicht auch deine Katze sein,
aber wo sie ist -
wie reichst du dahin?





von Bernd Pol 



Photo copyright: Isabella Kramer

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Laterne, Laterne

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Noch einmal glänzt wie Goldgeschmeide
die Flut des Stromes leuchtend auf,
da steigt in leichtem Nebelkleide
der Sommerabend still herauf.
Und wie er durch die Gassen schreitet,
aufatmend jede Brust sich weitet.
Es ist, als klan' ein Friedeswort,
und Lärm und Unrast fliehen fort.

Da kommt's aus Tür und Tor gesprungen
und ordnet sich in langer Reih,
ein Zug von Mädchen und von Jungen,
ein Käsehoch ist auch dabei.
Wie sie die Köpfchen drehn und wenden,
die Stocklaterne hoch in Händen!
Dann zieht's mit feierlichem Sang
die Straße langsam stolz entlang:

"Laterne Laterne
Sonne, Mond und Sterne!
Meine Laterne brennt so schön!
Morgen wollen wir wieder gehn."

Die Sonne, tief schon in den Fluten,
Hort lächelnd noch der Kinder Reih'n;
"Sie kommen schon, ich muß mich sputen",
und zieht die letzten Strahlen ein.
Der Mond springt hinter Wolkenhaufen:
"Ich will doch heimlich mit euch laufen."
Ein Stern nur blinzel ohne Ruh,
dann hält er sich die Augen zu.

"Laterne! Laterne!
Sonne, Mond und Sterne!
Meine Laterne brennt so schön!
Morgen wollen wir wieder gehn."

Ich schau vom Straßentor alleine
dem Zuge nach mit trübem Sinn,
mir ist's, als zög in hellem Scheine
dort meine eigne Kindheit hin.
Und mit ihr Traum und Frieden gehen.
Des Lebens goldne Fäden wehen
leuchtend weiter in schnellem Flug;
mein Kind, mein Kind singt mit im Zug:

"Laterne! Laterne!
Sonne, Mond und Sterne!
Meine Laterne brennt so schön!
Morgen wollen wir wieder gehn. 


von Jakob Löwenberg 




picture by Charles Courtney Curran (1861 - 1942)  "Lanterns" -  Impressionimn



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Kindergedicht - das Hexen-Einmaleins

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Du musst verstehn!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei lass gehn,
Und Drei mach gleich,
so bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs -
So sagt die Hex -
Mach Sieben und Acht,
So ists vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins,
Das ist das Hexen-Einmaleins!


von Johann Wolfgang von Goethe






Bildmaterial von wikimedia commons: Démons et Merveilles - Edward Reginald Frampton (1872-1923) 

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Kindheit

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Edmund CharlesTarbell "Fillette au Bateau" 1899



Da rinnt der Schule lange Angst und Zeit
mit Warten hin, mit lauter dumpfen Dingen.
O Einsamkeit, o schweres Zeitverbringen...
Und dann hinaus: die Straßen sprühn und klingen
und auf den Plätzen die Fontänen springen
und in den Gärten wird die Welt so weit -.
Und durch das alles gehn im kleinen Kleid,
ganz anders als die andern gehn und gingen -:
O wunderliche Zeit, o Zeitverbringen,
o Einsamkeit.

Und in das alles fern hinauszuschauen:
Männer und Frauen; Männer, Männer, Frauen
und Kinder, welche anders sind und bunt;
und da ein Haus und dann und wann ein Hund
und Schrecken lautlos wechselnd mit Vertrauen -:
O Trauer ohne Sinn, o Traum, o Grauen,
o Tiefe ohne Grund.

Und so zu spielen: Ball und Ring und Reifen
in einem Garten, welcher sanft verblaßt,
und manchmal die Erwachsenen zu streifen,
blind und verwildert in des Haschens Hast,
aber am Abend still, mit kleinen steifen
Schritten nachhaus zu gehn, fest angefaßt -:
O immer mehr entweichendes Begreifen,
o Angst, o Last.

Und stundenlang am großen grauen Teiche
mit einem kleinen Segelschiff zu knien;
es zu vergessen, weil noch andre, gleiche
und schönere Segel durch die Ringe ziehn,
und denken müssen an das kleine bleiche
Gesicht, das sinkend aus dem Teiche schien -:
O Kindheit, o entgleitende Vergleiche.
Wohin? Wohin?




Rainer Maria Rilke, 1902


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Ballade

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Und die Sonne machte den weiten Ritt
um die Welt,
und die Sternlein sprachen: wir reisen mit
um die Welt;
und die Sonne, sie schalt sie: ihr bleibt zu Haus,
denn ich brenn euch die goldenen Äuglein aus
bei dem feurigen Ritt um die Welt.

Und die Sternlein gingen zum lieben Mond
in der Nacht,
und sie sprachen: du, der auf Wolken thront
in der Nacht,
lass uns wandeln mit dir, denn dein milder Schein,
er verbrennt uns nimmer die Äuglein.
Und er nahm sie, Gesellen der Nacht.

Nun willkommen, Sternlein und lieber Mond,
in der Nacht!
Ihr verstehet, was still in dem Herzen wohnt
in der Nacht.
Kommt und zündet die himmlischen Lichter an,
dass ich lustig mitschwärmen und spielen kann
in den freundlichen Spielen der Nacht.



Ernst Moritz Arndt
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Seemuscheln


 
Ich komme her vom Meeresstrand, 
Da fand ich Blümlein allerhand: 
Die ohne Pfleg‘ und Sonnenschein
Im weißen Sande gut gedeih‘n, 




Die nicht im Reif und Schnee vergehn, 
Vor Regenguß und Sturm bestehn, 
Ja, die da blüh‘n das ganze Jahr 
Am Strande schön und wunderbar. 




„Hast du dabei an mich gedacht
Und mir ein Blümlein mitgebracht?” 
Ich habe wohl an dich gedacht 
Und dir manch Blümlein mitgebracht. 
Nimm diese Muscheln gelb und grau 
Und rosenrot und himmelblau. 



von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben,1798-1874 

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Kindersand

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Das Schönste für Kinder ist Sand.
Ihn gibt's immer reichlich.
Er rinnt unvergleichlich
Zärtlich durch die Hand.

Weil man seine Nase behält,
Wenn man auf ihn fällt,
Ist er so weich.
Kinderfinger fühlen,
Wenn sie in ihm wühlen,
Nichts und das Himmerlreich.

Denn kein Kind lacht
Über gemahlene Macht.




Joachim Ringelnatz, 1883-1934


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Lebensfreude


Foto: copyright © Brigitte Lorenz



Jedes Lebendige freut sich seines Lebens.
Es fragt und grübelt nicht, wozu es da sei.
Sein Dasein ist ihm Zweck
und sein Zweck sein Dasein.



Johann Gottfried Herder

Wiegenlied

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Vor der Türe schläft der Baum,
Durch den Garten zieht ein Traum.
Langsam schwimmt der Mondeskahn,
Und im Schlafe kräht der Hahn.
Schlaf, mein Wölfchen, schlaf.

Schlaf, mein Wulff. In später Stund
Küß ich deinen roten Mund.
Streck dein kleines, dickes Bein,
Steht noch nicht auf Weg und Stein.
Schlaf, mein Wölfchen, schlaf.

Schlaf, mein Wulff. Es kommt die Zeit,
Regen rinnt, es stürmt und schneit.
Lebst in atemloser Hast,
Hättest gerne Schlaf und Rast.
Schlaf, mein Wölfchen, schlaf.

Vor der Türe schläft der Baum,
Durch den Garten zieht ein Traum.
Langsam schwimmt der Mondeskahn,
Und im Schlafe kräht der Hahn.
Schlaf, mein Wölfchen, schlaf.


von Detlev Liliencron
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Ein Pflasterstein, der war einmal

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Ein Pflasterstein, der war einmal
Und wurde viel beschritten.
Er schrie: "Ich bin ein Mineral
Und muss mir ein für allemal
Dergleichen streng verbitten!"

Jedoch den Menschen fiel's nicht ein
Mit ihm sich zu befassen,
Denn Pflasterstein bleibt Pflasterstein
Und muss sich treten lassen.



Joachim Ringelnatz, 1883-1934

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Die blaue Schürze

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Die blaue Schürze


die blaue Schürze war mein Hort
bei Ängsten oder Seelenpein
sie war mein stiller Zufluchtsort
in ihr, da durft‘ ich winzig sein


versenkte mich im Schutz der Falten
vergaß, was drum herum geschah
fest, voller Zuneigung gehalten
beschützt, verstanden - ganz und gar


oft weinend mich in ihr geborgen
umhüllt von ihrer Duftmagie
in diesem Blau verschwanden Sorgen
- Großmutter wusste immer wie


wichtig solch' Schürzenplätze sind:

Weißt Du, auch ich war einmal Kind!





veredit©Isabella Kramer 2009
Safe Creative #1108049804562





Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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