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Das Feierkleid

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Das Feierkleid


Wie langsam, Schnee, du niedersinkst,

Ein feiernd stiller Chor,

Und dann als reiner Silberflor

Weit auf der Eb'ne blinkst.

Mir wird, als stieg in Herrlichkeit

Der Engel Schar herab

Und deckte weit das Erdengrab

Mit reinem Feierkleid.

Da keimen Blumen drunter aus

Voll Auferstehungsmacht,

Und strahlen einst in Liebespracht

Durch's ew'ge Himmelshaus.


Friedrich de la Motte Fouqué (1777 - 1843)




Photo copyrightIsabella Kramer

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Winter – Christian Morgenstern

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Winter

Der Fjord mit seinen Inseln liegt
wie eine Kreidezeichnung da;
die Wälder träumen schnee-umschmiegt,
und alles scheint so traulich nah.

So heimlich ward die ganze Welt...
als dämpfte selbst das herbste Weh
aus stillem, tiefem Wolkenzelt
geliebter, weicher, leiser Schnee.




Christian Morgenstern





Photo by Daniele Franchi on Unsplash
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Verse zum Advent

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Verse zum Advent 

Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt des Schlittenglöckleins Ton.

Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schönste Fest ist da.

Tag du der Geburt des Herrn,
Heute bist du uns noch fern,
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen,
Und wir sehen schon den Stern.


Theodor Fontane




Photo copyright: Isabella Kramer

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Zeit der Weihnacht

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Zeit der Weihnacht

Zeit der Weihnacht, immer wieder
rührst du an mein altes Herz,
führst es fromm zurück
in sein früh’stes Glück,
kinderheimatwärts.

Sterne leuchten über Städte,
über Dörfer rings im Land.
Heilig still und weiß
liegt die Welt im Kreis
unter Gottes Hand.

Kinder singen vor den Türen:
"Stille Nacht, heilige Nacht!"
Durch die Scheiben bricht
hell ein Strom von Licht,
aller Glanz erwacht.

Und von Turm zu Turm ein Grüßen,
und von Herz zu Herz ein Sinn,
und die Liebe hält
aller Welt
ihre beiden Hände hin.


Gustav Falke, 1853 - 1916




Photo copyright: Isabella Kramer


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Advent

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Advent


Es treibt der Wind im Winterwalde

die Flockenherde wie ein Hirt

und manche Tanne ahnt, wie balde

sie fromm und lichterheilig wird,

und lauscht hinaus. Den weißen Wegen

streckt sie die Zweige hin – bereit,

und wehrt dem Wind und wächst entgegen

der einen Nacht der Herrlichkeit.

  

Rainer Maria Rilke, 1875 - 1926



Photo copyright: Isabella Kramer

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Der Rabe Ralf

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Der Rabe Ralf
will will hu hu
dem niemand half
still still du du
half sich allein
am Rabenstein
will will still still
hu hu

Die Nebelfrau
will will hu hu
nimmt's nicht genau
still still du du
sie sagt nimm nimm
's ist nicht so schlimm
will will still still
hu hu

Doch als ein Jahr
will will hu hu
vergangen war
still still du du
da lag im Rot
der Rabe tot ,
will will still still
du du




Christian Morgenstern




Photo by Casey Horner on Unsplash

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Es ist November

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Es ist November! 

morgendliches Nebelwallen
Licht kann kaum die Gräue teilen
allenorten Blätterfallen und vom
Nordwind angetrieben regentiefe
Wolken eilen grad als ob sie was
vergessen hätten zu bedenken 
dessen Sinn uns bleibt verborgen

doch die frühe Dämmerung hat
auch ihre guten Seiten Kerzenlicht
vertreibt die Sorgen aus den finster 
drohend' Ecken und Kakao und 
Fruchttee schmecken so beleuchtet
wunderbar Grau mit Nebel als
Kulisse lassen es am warmen Herd
erst recht sehr gemütlich werden

manch einer entdeckt den Wert
gar von alten Märchenbüchern
die gemeinsam durchgelesen 
wahre Abenteuer sind draußen
dunkle Wolken treiben 
Jammervolles singt der Wind 
drinnen sein ist im November 
so wie kuscheln in ein Nest
und die Krönung ist die Aussicht
auf ein nahes Weihnachtsfest


veredit©Isabella.Kramer2020 


Photo copyright: Isabella Kramer




Bitte beachten Sie das Urheberrecht: Copyright Texte, Fotos und Graphiken = Isabella Kramer, veredit - wenn nicht anders erwähnt. Auch für private Homepages dürfen diese Texte, Fotos und Graphiken nicht ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis verwendet werden! Wenn Sie meine Gedichte oder Bilder verwenden wollen, fragen sie mich bitte. 
Kontakt über email: vere_dit@yahoo.de


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Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne

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Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne 


Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Brenne auf mein Licht,
Brenne auf mein Licht,
aber nur meine liebe Laterne nicht.


Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Sperrt ihn ein, den Wind,
Sperrt ihn ein, den Wind,
er soll warten, bis wir alle zu Hause sind.


Laterne, Laterne,
Sonne, Mond und Sterne.
Bleibe hell, mein Licht,
Bleibe hell, mein Licht,
denn sonst strahlt meine liebe Laterne nicht!


Laternenlied

Text und Melodie: traditionell (Volksgut aus Norddeutschland)


Gemälde copyright: Isabella Kramer


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Kakteen

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Kakteen


Sie stehen jahrelang im Topf aus Ton,
Verstockte in sich, selbstverliebte Käuze,
In einer rätselhaft verbißnen Fron
Der Form: sind Kugel, Kegel, Kreuze,

Sie gleichen Birnen, mißgebornen Köpfen,
Sind Stein-Gespenster, Schlange, Hand:
Verfeindet so dem Außen, daß in Schöpfen
Stacheln aufstehn um sie wie eine Wand,

Dahinter sie verharrn, anarchisch, kündend,
Prophet und Gott, ihr selbstbeseßnes Ich,
Bis sie auf einmal stumm, in Blumen mündend,
Sich ganz verschweigen, opfern, löschen sich.


Maria Luise Weissmann 



Gemälde copyright: Isabella Kramer

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Regen

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Regen

Da draußen regnet es weit und breit.
Es regnet graugraue Verlassenheit.
Es plaudern tausend flüsternde Zungen.
Es regnet tausend Erinnerungen.
Der Regen Geschichten ums Fenster rauscht.
Die Seele gern dem Regen lauscht.

Der Regen hält dich im Haus gefangen.
Die Seele ist hinter ihm hergegangen.
Die Insichgekehrte ist still erwacht,
Im Regen sie weiteste Wege macht.
Du sitzt mit stummem Gesicht am Fenster,
Empfängst den Besuch der Regengespenster.


Max Dauthendey, 1867 - 1918, deutscher Dichter und Maler




Photo by Alex Motoc on Unsplash


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Das Huhn

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Das Huhn

In der Bahnhofshalle, nicht für es gebaut,
geht ein Huhn
hin und her …
Wo, wo ist der Herr Stationsvorsteher?

Wird dem Huhn
man nichts tun?
Hoffen wir es! Sagen wir es laut:
daß ihm unsre Sympathie gehört,
selbst an dieser Stätte wo es – ›stört‹!



Christian Morgenstern, 1871 - 1914




Gemälde copyright: Isabella Kramer

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Ein Blatt vom Baum

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Ein Blatt vom Baum


Es weht der Wind ein Blatt vom Baum,
von vielen Blättern eines,
dies eine Blatt, man merkt es kaum,
denn eines ist ja keines.
Doch dieses Blatt allein,
war Teil von unserem Leben,
drum wird dies Blatt allein,
uns immer wieder fehlen.


Unbekannt


Oft fälschlich Rilke, Hesse oder Goethe zugeschrieben





Photo copyright: Isabella Kramer


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Im Park



Im Park


Ein ganz kleines Reh stand am ganz kleinen Baum
Still und verklärt wie im Traum.
Das war des Nachts elf Uhr zwei.
Und dann kam ich um vier
Morgens wieder vorbei,
Und da träumte noch immer das Tier.
Nun schlich ich mich leise — ich atmete kaum —
Gegen den Wind an den Baum,
Und gab dem Reh einen ganz kleinen Stips.
Und da war es aus Gips.




Joachim Ringelnatz, 1883 - 1934
 
 

Photo by Scott Carroll on Unsplash
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Der Fischer von Gotin



Der Fischer von Gotin

Was regt sich dort um Mitternacht?
Elz hat das Netz zu Strand gebracht,
Die Havel hegt viel Fische.

Da rufts von drüben mit fremdem Laut:
"Hol über!" so wüst daß Eulen graut,
Elz aber frägt: "Wer ruft da?"

"Hol über!" rufts mit grimmem Ton;
Ein andrer wär da bald entflohn,
Elz aber ruft: "Wer seid ihr?"

"Hol über!" rufts mit solcher Wut,
Daß her zum Nachen rauscht die Flut,
Elz aber nimmt das Ruder,

Kennt keine Furcht und keinen Schreck,
Er springt ins Schiff und rudert keck,
Bis er gelangt zum Strande.

Da schleppt sich herab aus wildem Wald
Eine riesig dunkle Graungestalt
Ins Schiff wie mit bleiernen Füßen,

So schwer, daß fast es niedergeht.
Doch Elz stößt ab das Boot und steht
Hochschwebend am andern Ende.

Wie auch das schwanke Holz erkracht,
Elz stehet fest und lenkts mit Macht
Hin durch den Strom der Havel.

Der Fremde blickt ihn furchtbar an,
Elz wieder ihn, als echter Mann,
Und schwingt gemach das Ruder.

Und wie er kommt zum andern Strand
Steigt schweren Tritts der Gast ans Land,
Elz aber heischt das Fährgeld.

"Es liegt im Schiff worin ich saß,
Den keiner zu fahren sich je vermaß
Als du allein, du Kühner!

Denn wisse, daß der Tod ich bin:
Ich ziehe vor Tage nach Gotin
Und alles wird da sterben.

Nur du sollst spät mich sonder Graun
Mit leichten Flügeln wiederschaun
Als sanften Seelenlöser."

So sprache der Riese und verschwand,
Elz aber sah ins Schiff und fand
Es strahlend voll von Golde.

August Kopisch, 1799 - 1853




Photo copyright: Isabella Kramer
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Das ist nicht Sommer mehr

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Das ist nicht Sommer mehr

Das ist nicht Sommer mehr, das ist September ... Herbst:
diese großen weichen Wolken am Himmel,
diese feinen weißen Spinnwebschleier in der Ferne
und hinter den Gärten mit den Sonnenblumen
der ringelnde Rauch aufglimmender Krautfeuer ...
und diese süße weiche Müdigkeit und diese
frohe ruhige Stille überall und trotzdem wieder
diese frische, satte, erntefreudige, herbe Kraft ...
das ist nicht Sommer ... das ist Herbst.


Cäsar Otto Hugo Flaischlen 



Gemälde copyright: Isabella Kramer


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Der Blätterretter

 


Der Blätterretter


Winfried Windig,
Blätterretter und dazu
auch noch ein netter
Gartenkobold seines Zeichens,
hat zur Zeit gar viel zu tun.

Denn mit dem Herbst kommt
jenes Wetter, das Blätter reißt 
von Ast und Baum, es kommt 
die Hochsaison der Retter
von bunten, großen, kleinen Blättern,
die gelben, roten und die braunen,
ganz zart und transparent 
zum Staunen, so schön,
die muss man doch bewahren.

Wie, wirst du gleich erfahren, 
denn dies Gedicht wird offenlegen,
warum sich Blätter stets bewegen, 
auch wenn sie längst schon sind 
gefallen, es ist der Winfried, 
der uns allen mit ihnen will ein 
Zeichen geben. 

Sein Einsatz ist schier überall,
wo Bäume Blätter regnen lassen,
im kleinsten Wald,
im größten Park, im Gärtchen
von der Oma Krause,
der Winfried will sie alle fassen
und retten, was er retten kann,
man sieht ihm seine Freude an, 
wenn Tausende von
ihm bewahrt, in seinem
Blattschutzkorb gebettet
und so gut aufgehoben sind.

Denn, das weiß heute jedes Kind,
die Blätter sind der Bäume Lieder,
die voller Zauberkraft und wieder
im nächsten Jahr von Nöten sind,
um Frühling, Frühling sein zu lassen,
drum muss der Winfried alle fassen
  sie retten vorm Verlorengehen.



veredit©isabella.kramer2020





Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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Eitelkeit

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Eitelkeit

Ein Töpfchen stand im Dunkeln
An stillverborgener Stelle.
Ha, rief es, wie wollt ich funkeln,
Käm ich nur mal ins Helle.

Ihm geht es wie vielen Narren.
Säß einer auch hinten im Winkel,
So hat er doch seinen Sparren
Und seinen aparten Dünkel.


Wilhelm Busch (1832 - 1908)





Photo by Kelly Sikkema on Unsplash
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Atemloser August

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Atemloser August

Sommermonde machen Stroh aus Erde,
Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,
Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,
Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.
Blumen nahen sich mit großen Köpfen und scharlachen,
Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,
Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.
Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen stille steht,
Fragt sich: wenn die Blum', Baum und Felder sich verschieben,
Ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht,
Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.



Max Dauthendey, 1867 - 1918






Photo copyright: Isabella Kramer
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Inserat im August

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Inserat im August

Die verehrlichen Jungen, welche heuer
Meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
Ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
Womöglichst insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.






Theodor Storm, 1817 - 1888









Photo copyright: Isabella Kramer

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Der Nöck

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Der Nöck*

Es tönt des Nöcken Harfenschall:
Da steht sogar still der Wasserfall,
Umschwebt mit Schaum und Wogen
Den Nöck im Regenbogen.

Die Bäume neigen
Sich tief und schweigen,
Und atmend horcht die Nachtigall. –
"O Nöck, was hilft das Singen dein?
Du kannst ja doch nicht selig sein!
Wie kann dein Singen taugen?"

Der Nöck erhebt die Augen,
Sieht an die Kleinen,
Beginnt zu weinen...
Und senkt sich in die Flut hinein.
Da rauscht und braust der Wasserfall,
Hoch fliegt hinweg die Nachtigall,
Die Bäume heben mächtig
Die Häupter grün und prächtig.

O weh, es haben
Die wilden Knaben
Den Nöck betrübt im Wasserfall!
"Komm wieder, Nöck, du singst so schön!
Wer singt, kann in den Himmel gehn!
Du wirst mit deinem Klingen
Zum Paradiese dringen!

O komm, es haben
Gescherzt die Knaben:
Komm wieder, Nöck, und singe schön!"
Da tönt des Nöcken Harfenschall,
Und wieder steht still der Wasserfall,
Umschwebt mit Schaum und Wogen
Den Nöck im Regenbogen.

Die Bäume neigen
Sich tief und schweigen,
Und atmend horcht die Nachtigall. –
Es spielt der Nöck und singt mit Macht
Von Meer und Erd und Himmelspracht.

Mit Singen kann er lachen
Und selig weinen machen!
Der Wald erbebet,
Die Sonn entschwebet...
Er singt bis in die Sternennacht!


August Kopisch, 1799 - 1853



*Was ist ein Nöck? Es ist ein Wassergeist, ein Fabelwesen, launisch und unstet, wie sein Element das Wasser. Er kommt in vielen Märchen und Sagen im europäischen Raum vor. 


Weiße Wolken

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Weiße Wolken

Weiße Wolken gehn im Blauen;
als, ein Kind, im Gras ich lag,
liebt' ich's ihnen nachzuschauen,
träumte einen schönen Tag.

Weiße Wolken wandern immer,
und ich freu, ein alter Mann,
mich an ihrem lichten Schimmer,
denk an meine Jugend dann.

Weiße Wolken werden wandern,
wenn ich lange nicht mehr bin;
träumt ein Hügel unter andern,
und sie ziehen oben hin.

Gustav Falke, 1853 - 1916





Photo copyright: Isabella Kramer
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Pfannkuchen und Salat

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Pfannkuchen und Salat

Von Fruchtomletts da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.

Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.

Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.

Drei Eier, frisch und ohne Fehl,
Und Milch und einen Löffel Mehl,
Die quirlt sie fleißig durcheinand
Zu einem innigen Verband.

Sodann, wenn Tränen auch ein Übel,
Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel
Mit Öl und Salz zu einer Brühe,
Daß der Salat sie an sich ziehe.

Um diesen ferner herzustellen,
Hat sie Kartoffeln abzupellen.
Da heißt es, fix die Finger brauchen,
Den Mund zu spitzen und zu hauchen,
Denn heiß geschnitten nur allein
Kann der Salat geschmeidig sein.

Hierauf so geht es wieder heiter
Mit unserem Pfannekuchen weiter.

Nachdem das Feuer leicht geschürt,
Die Pfanne sorgsam auspoliert,
Der Würfelspeck hineingeschüttelt,
So daß es lustig brät und brittelt,
Pisch, kommt darüber mit Gezisch
Das ersterwähnte Kunstgemisch.

Nun zeigt besonders und apart
Sich Lieschens Geistesgegenwart,
Denn nur zu bald, wie allbekannt,
Ist solch ein Kuchen angebrannt.

Sie prickelt ihn, sie stochert ihn.
Sie rüttelt, schüttelt, lockert ihn
Und lüftet ihn, bis augenscheinlich
Die Unterseite eben bräunlich,
Die umgekehrt geschickt und prompt
Jetzt ihrerseits nach oben kommt.

Geduld, es währt nur noch ein bissel,
Dann liegt der Kuchen auf der Schüssel.

Doch späterhin die Einverleibung,
Wie die zu Mund und Herzen spricht,
Das spottet jeglicher Beschreibung,
Und darum endet das Gedicht.


Wilhelm Busch, 1832 - 1908, deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller

Quelle: Busch, W., Gedichte. Zu guter Letzt, 1904




Photo by Evgheni Russu on Unsplash
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Der Wundermann

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Der Wundermann

In Völksen wohnt ein Wundermann,
Der jede Krankheit heilen kann:
Zahnweh und Friesel und den Mumps,
Die Schwindsucht und den Fuß des Klumps.

Er hat nicht Medizin studiert,
Hat nicht zum Doktor promoviert,
Mit einer Flasche Fliedertee
Kuriert er jedes Ach und Weh.

Kolik und Infaulentia,
Die Wassersucht, das Podagra,
Für Gallenstein, für Hüfteweh,
Für alles hilft der Fliedertee.

Das heißt, dem Wundermann hilft er,
bisher war seine Börse leer,
Jetzt ist stets voll sein Portemonnaie,
So sehr hilft dieser Fliedertee.

Für kalten Brand und dickes Blut
Ist Fliedertee vorzüglich gut,
Für Krätze, Krebs und auch für Gicht,
Bloß gegen Dummheit hilft er nicht.

Hermann Löns, 1866 - 1914



Photo copyright: Isabella Kramer
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Abendlied eines Bauersmannes




Abendlied eines Bauersmanns

Das schöne große Taggestirne
Vollendet seinen Lauf;
Komm, wisch den Schweiß mir von der Stirne,
Lieb Weib, und denn tisch' auf!

Kannst hier nur auf der Erde decken,
Hier unterm Apfelbaum;
Da pflegt es abends gut zu schmecken,
Und ist am besten Raum.

Und rufe flugs die kleinen Gäste,
Denn hör, mich hungerts sehr;
Bring auch den kleinsten aus dem Neste
Wenn er nicht schläft, mit her.

Dem König bringt man viel zu Tische;
Er, wie die Rede geht,
Hat alle Tage Fleisch und Fische
Und Panzen und Pastet;

Und ist ein eigner Mann erlesen,
Von andrer Arbeit frei,
Der ordert ihm sein Tafelwesen
Und präsidiert dabei.

Gott laß ihm alles wohl gedeihen!
Er hat auch viel zu tun,
Und muß sich Tag und Nacht kasteien,
Daß wir in Frieden ruhn.

Und haben wir nicht Herrenfutter;
So haben wir doch Brot,
Und schöne, frische, reine Butter,
Und Milch, was denn für Not?

Das ist genug für Bauersleute,
Wir danken Gott dafür,
Und halten offne Tafel heute
Vor allen Sternen hier.

Es präsidiert bei unserm Mahle
Der Mond, so silberrein!
Und guckt von oben in die Schale
Und tut den Segen h'nein.

Nun Kinder, esset, eßt mit Freuden,
Und Gott gesegn' es euch!
Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden,
Bin arm und bin doch reich!

Matthias Claudius, 1740 - 1815


Photo copyright: Isabella Kramer
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Mal mir eine Note ... bittet der Kl. Prinz



Mal mir eine Note ... bittet der Kl. Prinz

Mal mir eine Note
eine richtig schöne Note
eine ausgefüllte dicke fette
eine mit 1 Fähnchen,
nein, lieber mit 2 Fähnchen dran

eine, die sich festhalten kann,
die nicht umfällt,
weil sie ja so rund ist
die Halt und Geborgenheit hat,
eine, deren Klang die Herzen
aller Menschen anrührt

mal ihr einen Zaun,
worauf sie Platz nehmen kann –
und lass sie unausgefüllt,
wenn sie sich ausruhen möchte

mal ihr auch so ein Ding
auf das Schild vor dem Anfang des Zaunes
damit sie weiß, wie sie klingen soll

dann mal ihr noch Freunde,
die auch an verschiedenen Stellen
auf dem Zaun hocken
damit sie miteinander
zu einem Lied werden können

Mal mir eine Note
Eine richtig schöne Note
Eine ausgefüllte dicke fette
Eine mit 1 Fähnchen,
nein lieber mit 2 Fähnchen dran ...

Mit freundlicher Genehmigung von (c) Ingrid Hassmann


"...analog zu „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint – Exupéry (vor vielen Jahren zu einem Musikprojekt entstanden)."

Photo by Dayne Topkin on Unsplash

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Waldlied






Waldlied  


Arm in Arm und Kron' an Krone steht der Eichenwald verschlungen,
Heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.

Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,
Und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;

Kam es her in mächt'gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,
Hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.

Und nun sang und pfiff es graulich in den Kronen, in den Lüften,
Und dazwischen knarrt' und dröhnt' es unten in den Wurzelgrüften.

Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine,
Donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!

Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;
Alles Laub war weißlich schimmernd nach Nordosten hingestrichen.

Also streicht die alte Geige Pan der Alte laut und leise,
Unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.

In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder,
In den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.

Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,
Kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.





Gottfried Keller, 1819 - 1890




Photo copyright: Isabella Kramer

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Meine Rosen

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Meine Rosen

Ja! Mein Glück – es will beglücken –,
Alles Glück will ja beglücken!
Wollt ihr meine Rosen pflücken?
Müsst euch bücken und verstecken
Zwischen Fels und Dornenhecken,
Oft die Fingerchen euch lecken!
Denn mein Glück – es liebt das Necken!
Denn mein Glück – es liebt die Tücken! –
Wollt ihr meine Rosen pflücken?




Friedrich Nietzsche, 1844 - 1900



Photo copyright: Isabella Kramer
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Die Wunderkinder

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Die Wunderkinder

Ich saß in des Boudoirs Heiligtum
Im Kreis von jungen Müttern
Und ließ mit ihrer Kinder Ruhm
In höflicher Neugier mich füttern.

"Ich hab' einen Jungen, zwar rot von Haar",
Sprach ernsthaft Frau Adele,
"Probleme wälzt schon, ganz wunderbar,
Das Kind in junger Seele.

Es ist, als könnte der kleine Wicht
Uns tief in die Herzen gucken.
Wie schade, das blasse Kindergesicht
Leidet am Nervenzucken."

"Sechs Jahre ist unsere Kleine alt,"
So rühmte die blonde Mathilde,
"Die Händchen sind ihr immer kalt,
Die Augen voll träumender Milde.

Sie sitzt so still oft, daß mir's graust,
Lesend bei mir in der Wohnung,
Die beiden Monologe des Faust
Rezitiert sie mit guter Betonung."

"Mein Hugo ist in den Gliedern nicht stark,"
Seufzt Klara, "das gibt sich am Ende,
Ich war mit ihm in Dänemark,
Und entdeckte dort seine Talente.

Er lernte Dänisch von Kellner und Magd,
Das ist doch gewiß höchst erfreulich,
Und hat mir im Urtext aufgesagt
Gedichte von Ibsen neulich."

"Und meine Ida, die kleine Maus,"
Frau Hilde rühmt es mit Rührung,
"Spielt Symphonien von Richard Strauss
Mit richtiger Fingerführung.

Nur körperlich ist sie nicht recht gediehn,
Das Wachstum will nicht glücken,
Trotz Lebertran, Tropon und Pepsin;
Und hat einen hohen Rücken."

Frau Eva saß eine Weile still –
Ich sah die Zweifel sie quälen.
"Sie müssen nicht denken, Herr Doktor, ich will
Nicht von meinen Jungen erzählen.

Was aber könnt' ich Euch anvertraun?
Sie haben rotglühende Wangen,
Zerrißne Hosen von Hecken und Zaun
Und sind ein paar wilde Rangen.

Ihre Muskeln sind gut, und ihr Herz ist nicht bös,
Doch lesen sie Ibsen nicht dänisch;
Sie spielen Klavier nicht und sind nicht nervös
Und gar nicht neurasthenisch.

Sie wählen zum Lesen nicht Goethe aus;
Grimms Märchen – hei, wie sie drauf brennen!
Und werden – ich schäm' mich's zu sagen – den Strauß
Nur vom Zoologischen kennen.

Sie schwimmen wie Fische und klettern flott
Und schenken mit kindlicher Güte
Und beten des Abends zum lieben Gott,
Dass er ihre Mutter behüte."

Ich sah ihr in das erglühte Gesicht –
Durchs Herz klangen alte Weisen –
Und hieß sie bis heute ›Frau Eva‹ nicht,
Sie müßte Frau Eva heißen!

Auf ihre Hände, kußbereit,
Beugt tief sich der alte Sünder:
"Sie haben in wunderreicher Zeit
Die wahren Wunderkinder!"


Rudolf Presber, 1868 - 1935


Gemälde copyright: Isabella Kramer 


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Am Meeresstrand

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Zwei Jungfrauen sitzen am Meeresstrand;
Die Eine weint in die Fluthen,
Die Andre mit dem Kranz in der Hand
Wirft Rosen in die Fluthen.

Die eine, trüber Wehmuth Bild,
Stöhnt mit geheimem Beben:
"O Meer, o Meer, so licht und wild,
Wie gleichst du so ganz dem Leben!"

Die Andre, lichter Freude Bild,
Jauchzt selig lächelnd daneben:
"O Meer, o Meer, so licht und wild,
Wie gleichst du so ganz dem Leben!"

Fortbraust das Meer und überklingt
Das Jauchzen und das Stöhnen;
Fort wogt das Meer und, ach, verschlingt
Die Rosen und die Thränen.


Anastasius Grün, 1806 - 1876


Photo copyright: Isabella Kramer
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Erbsenparabel

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Erbsenparabel

Vier Erbsen in einer Schote saßen,
Eine fett, dickköpfig, aufgeblasen,
Die andern drei verschrumpft und klein.
Weil jene sich zu viel Nahrung genommen,

Mußten diese vertrocknen, verkommen,
Und verkümmerten in sich hinein.
So auch der Kampf ums tägliche Brot:
Ein Geizhals drückt drei Arme tot.


Otto Michaeli, 1870 - 1941




Gemälde copyright: Isabella Kramer